Haiku ✓ Gedichte, Erklärung und Aufbau von Haikus
Sieh, der Schmetterling
küsst meine Motorhaube.
>…
Möwen unterm Mond
tragen meine Fantasie
zu dem…
Das Singen verstummt
ein Hauch verdunkelt den Tag
…
Flügelfenster weit
Vogelkind auf Sperrangel
stoppt…
Hoch oben liegt still
und schwarz der See. Eine Seerose…
Es tropft auf den See.
Ein Tropfen zieht seinen Kreis.…
Ruhiges Erwachen
inmitten des Augenblicks
das Ganze…
Heimatklänge
wo einst die Wiege stand
blühen…
黄颜色桃子
杏子和形影相随
我的春天荟
Gelbe Pfirsiche
…
Blätterfall -
auf den Ästen
sieht man Vogelnester…
der frühling naht –
hörbar von den ästen –
in…
tagsüber bei ihr
nachts im Traum immer bei dir
mein…
Zeitlebens trägt sie
ihr Sternenhaus. Im Tode
erst…
Jäh Todesschreie
aus dem nächtlichen Garten.
Beim…
Leichter Rosenduft
weht mit dem Wind um Ecken
…
Vom Gärtner gehegt
sicher geborgen im Grün
kleines…
Eingeigelt
unterm Komposthaufen -
Winterschnarch
Eine Drossel baut
zwischen zwei Autostraßen
im…
Die Sonne geht auf -
Blauer Himmel über mir
und dein…
Der Klostergarten,
Sonne liegt auf der Stille,
strömt…
Was hat sie, das ich
nicht habe?, piepst Frau Amsel.
…
Hohe Stille waltet
zwischen den Berggipfeln
…
Heftig wie ein Blitz ...
Mensch erzittert bis zum Grund…
Im Boden versteckt,
zeigen sie fremde Wege.
Vom Regen…
Drückende Schwüle.
Regenpfeifer ruft uns zu:
"Halt den…
Stadtpark ...
im Vorübergehn grüß ich Storm -
nickt…
Schleierwolken
ein Vogelschwarm tanzt Ballett
mein…
Herbst – ein sterbender
Schwan treibt aus der Bucht. – Wohin…
Ich lieb dich Haiku,
du Blitzlicht in der Dichtkunst,
…
Im Apfelbäumchen
auf Schwartzerd zu Wittenberg:
eine…
Nasskalter Frühling
Die Blüten sind erstorben
Das…
Meerregenbogen
Perltaucher taucht doch ein
verzaubert…
Altes Baumgesicht
erzählst vom Überleben.
Ich hör dir…
Eiche und Ölzweig,
Ihr grün passt nicht zusammen,
…
Frei stand die Weide.
Die Mistel fest beim Herzen.
…
Sieh - ein neuer Baum
wächst dort, wo der Häher
die…
Die Weidenhecke,
umringt von blonden Zweigen –
montags…
ich mähe das Gras
in Gedanken versunken
ich bin alt,…
Wilder Blättertanz,
Wind jagt Sommerhitze fort.
Jetzt…
Nach Bethlehem
ziehen weiße Wolken nachts
über meinem…
Regen fällt zur Nacht
Schmetterlingsflieder schwingen
…
Farn, du Urpflanze,
breitest große Hände aus,
schützt…
Herbstgoldener Wald
sendet Grüße zur Sonne
als Spiel…
Am Fuß der Buche
ist die Nacht durchdringend still
Die…
In BERTHAS Küche
kämpft die gestutzte Rose
um ihren…
Drei Wolken über uns -
haben es eiliger
als der…
man spinnt Seemannsgarn
ein Fisch sieht auf die Perlen…
Pfützenspiegelei
bringst mir den Himmel näher.
…
Ein Brocken Weißbrot
sorgt für Aufregung -
unter den…
dem Weg des Geldes
sie folgt ihm Hüften schwingend
ich…
Du weiße Göttin
im Winter trägst du Schleier
küsst…
Rose im Winter
lässt sich nicht unterkriegen.
Wärmt…
Gierige Krähen,
ein totes Lamm, augenlos
in ihrer…
Schwalben im Ruhrtal
streifen Autos im Sturzflug
das…
unterm Sommermond
im Möwenschnabel Perle
…
Durch dunkle Felsen
Tost immer noch wild schäumend
Der…
Laubfrosch hockt am Teich,
schaut ins grüne Wasser, quakt…
Wenn unser Planet
einmal in Atemnot kommt ...
Sich…
Fliegende Tauben,
tanzen Phöbus entgegen,
in…
Vertrockneter Ast
dort am Wegrand des Waldes,
zeigst…
In Stein gemeißelt
In Glas gebrannt
Die alte Weisheit…
Männerfantasien:
Sie lacht, leckt sich die Lippen –
…
Im schönsten Frühjahr
brach im Tosen des Sturmes
der…
Der Rhabarber treibt.
Weich schwingt er sich nach außen.…
Friedvoll der Weg
Würdevoll und aufrecht
Im…
Palmkätzchen tragen
Handschuhe an den Zweigen
für das…
Züngelnde Flammen,
die Funken sprühen fröhlich;
…
Ferien bei Oma
Schulbeginn gehüllt
in Veilchenduft
Der Himmel im See
Hier und da mal ein Lotos
im trüben…
Der weiße Jasmin
spendet meiner Seele Duft.
Ich kann…
Morgenbaustelle,
Dieselgestank überall.
Ein Backenzahn…
Gesten des Friedens
und Zeichen des Mitgefühls
Wo…
Muckelige Haikus:
Die blaue Stunde
nenne den Fürsten…
Die Bäume ächzen,
verneigen sich vor dem Sturm.
Der…
Seiten
古池や
蛙飛び込む
水の音
Der alte Weiher:
Ein Frosch springt hinein.
Oh! Das Geräusch des Wassers.
Matsuo Bashō (1644–1694)
Erklärung, Beispiele und Aufbau des Haiku
Für die Entstehung des Haiku scheinen zwei Tatsachen von grundlegender Bedeutung zu sein. In der Renga-Dichtung hatten sich schon im 12. Jahrhundert zwei inhaltlich differenzierte Richtungen herauskristallisiert (Blyth 9. A. 1984, S. 41):
There appeared in renga two schools which characterise other spheres Japanes culture, the serious and the playful. Some of the renga teachers favoured humour, wit and puns; their works were called kyōrenga, literally, "mad" renga, but meaning "light" renga, ... contrastet with poems of deep emotion and beauty as their objects.
Ende des 15. Jahrhunderts wurden die Haiku, scherzhafte, verspielte Renga, durch ihre Hauptvertreter Sōkan (1465-1553) und Moritake (1473-1549) sehr populär (Blyth 9. A. 1984, S. 45).
Zum Zweiten scheint die durch regelhafte Vorschriften bedingte wachsende Bedeutung des Hokku ausschlaggebend. Das Bemühen um einen inhaltlich und sprachlich brillianten Start einer Gemeinschaftsdichtung führte dazu, dass die Hokku in ihrer Vollendung oft keiner Ergänzung bedurften und für sich allein als eigene Kurzgedichte bestehen konnten. Das trug zur Entwicklung des Haiku als selbstständiger Gedichtform bei.
Florenz (1905, S. 440) nennt die Bezeichnung "Haiku" für das dreizeilige Kurzgedicht einen Missstand. Sie ist zusammengefügt aus Haikai no Hokku, was soviel bedeutet wie ‚humoristischer Anfangsvers‘. Die Formbeschreibung ‚Anfangsvers‘ trifft auch heute noch zu, die humoristische Sinn- und Inhaltsdeutung, die der Name aufzwingt, verlor sich jedoch schon zur Zeit Bashōs.
Das Haiku ist das kürzeste, prägnanteste, beliebteste und weltweit bekannteste Kurzgedicht der japanischen Literatur.
Die drei Zeilen sind aufgeteilt in 5-7-5 Silben:
xxxxx
xxxxxxx
xxxxx
Hin und wieder kommen auch „unregelmäßige Silbengruppierungen“ (Florenz 1905, S. 439) vor, wie z.B. 5-5-7, 7-5-5 oder 5-9-5.
Der wachsende Zuspruch, den das Haiku erfuhr, war anfangs wohl bedingt durch die Komplizierung der anderen literarischen Formen. Die strengen technischen Regeln und die gequält künstlichen Anforderungen, die die Tanka-Dichtung mehr und mehr beherrschten, förderten das Streben nach Einfachheit und Natürlichkeit. So bildete das Haiku die vereinfachte und damit volkstümliche Alternative. Die Kissenwörter und das altklassische Vokabular traten zurück und weder der Thematik, noch der sprachlichen Ausdrucksform, die „Hohes und Niedriges, Ernstes und Scherzhaftes, Vulgäres und Profanes zuließ“ (Florenz 1905, S. 441), waren Beschränkungen auferlegt. Das führte zu einer Leichtigkeit und Allgemeinverständlichkeit, dass Gebildete und Ungebildete gleichermaßen in der Lage waren, Haiku in großer Menge zu schreiben.
Die Praxis änderte sich hundert Jahre später durch Bashō und seine Schule. Blyth (9. A. 1984, Vol. I. S. 59) begründet den Vorgang:
In the same way if haiku (in its potential form of haiku renga and hokku) had not fallen into vulgarity, mere wordplay, parody, unreal poeticality, excessive simplicity, sententiousness, and epigrammaticness, and even sometimes pantheism and religiosity, Bashō could never have resurrected it into something different form all these, yet not entirely excluding them. The work of Sōkan and Moritake was thus to bring down renga and hokku from the hight to which Sōgi had raised it, too far, to a level above which Bashō had to raise it, until it should become not too bright or good for human nature's dauly food.
[Auszüge aus "Das deutsche Kurzgedicht - in der Tradition japanischer Gedichtformen" ISBN 3 88996 144 4; Mit freundlicher Genehmigung von Margret Buerschaper]
Noch mehr zu Haiku-Regeln und modernen Haiku: im LiteratPro-Magazin