Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten / 137

Bild von Alf Glocker
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137. Schritt

Was eigentlich ein Gewissen ist, das weiß eigentlich niemand so recht, weil, wenn man es zu wissen glaubt, man eigentlich auf der ganz falschen Spur ist. Das ist doch eigentlich klar! Eigentlich ist „Eigentlich“ Blödsinn! Kein Blödsinn ist nichts zu wissen! Das ist tödlicher Ernst!

Wer hätte diesen Spruch nicht schon einmal gehört: „Gestern habe ich mir ein Gewissen gekauft, es kostet nur einen kleinen Beitrag für die Gemeinschaft X!“ Das ist leicht zu handhaben, es macht kein Dreck, beseitigt alle Probleme und man jat das gleiche wie andere Menschen auch. Ist das nicht schön?!

Da kann man sich untereinander absprechen, der Bäcker mit dem Metzger, der Bürger mit dem Präsident, der falsche Hund mit dem Naiven, der Vergewaltiger mit dem Mörder, usw. Dazu gehen wir in die Kirche, die Mosche, die Pagode, weiß der Teufel…

In Wirklichkeit beginnen mit dem Erwerb, oder sagen wir lieber mit der Entdeckung DES Gewissens, nicht IRGENDEINES, die Probleme. Denn dann steht man plötzlich alleine da! Man versteht die Welt nicht mehr! Alles scheint aus dem Ruder zu laufen…

Oder haben wir uns geirrt? Wenn wir beginnen nach zu fragen, dann auf jeden Fall! Dann zeigt jeder nur seinen Führerschein, seine Erlaubnis ein bestimmtes Gewissen führen zu dürfen, herum. Und jeder lacht uns aus, weil er sich auf der „sicheren Seite“ wähnt.

Die Sichere Seite bewegt sich aber nur innerhalb einer Strömung und was im Rahmen einer solchen Strömung passiert, das ist gewissenskonform, jedenfalls wenn man seinem Verstand vertraut. Leider hat der Verstand mit dem Gewissen nicht das Geringste zu tun, denn der ist „logisch“ und Logik kann man lernen? Wieso? Wieso nicht?

Logik ist nur dann eine Logik, wenn sie sich am Gewissen ausrichtet – und das Gewissen ist von der Logik vorherrschender Meinungen unabhängig! Das Kurioseste dabei ist, daß gewissenhafte Logik oft Leuten mit verbrieftem Gewissen gewissenlos vorkommt.

Um diesen Sachverhalt zu klären müssen wir uns mit dem Helfersyndrom beschäftigen… Wenn wir einen Menschen in Not sehen, dann helfen wir ihm! Logisch! Wenn also ein Arbeitgeber kurz vor dem Ruin steht, dann arbeiten wir unentgeltlich für ihn, weil sonst die geheiligte Firma den Bach runtergeht und alle den Arbeitsplatz verlieren.

Wenn jemand krank ist, dann müssen wir etwas tun! Wir teilen die Kranken in Klassen, damit wir sie besser versorgen können, weil ja nicht alle gleich krank sind. Sollte ein Freund unsere Hilfe brauchen, dann gewähren wir sie ihm großzügig, mit dem Hinweis auf seine Unfähigkeit sich selbst zu helfen. Sicherheitshalber beten wir jeden Tag – zu wem ist vom jeweiligen „Gewissen“ abhängig.

Wir besänftigen unsere Zweifel, indem wir festgelegten Routen folgen, sobald das „Denken“ eingesetzt hat. Denn wir helfen gerne und wir bügeln auch gerne alles wieder glatt, was andere vorher verknittert haben. Wenn zum Beispiel unsere Wirtschaftsbosse an unterentwickelte Länder Waffen gegen Rohstoffe getauscht haben, dann müssen wir auch die Flüchtlinge, die jetzt selbstverständlich verfolgt werden, bei uns aufnehmen. Die Wirtschaftsbosse nehmen sie ja nicht selbst mit, in ihre Häuser.

Und wenn ein hungernder Nachbar aus Wasweißichwo sein 10. Kind nicht mehr ernähren kann, weil es für die anderen 9 schon nicht gereicht hat, dann adoptieren wir natürlich das 11., das er noch gar nicht gemacht hat auch gleich noch mit, damit die armen Menschen etwas zu Essen haben. Logisch und gewissenhaft, nichtwahr?!

Es entspricht auch der wahren gewissenhaften Erkenntnis, daß wir uns selbst aufgeben müssen, wenn es anderen schlechter geht als uns, und zwar so vollständig, daß eines Tages der einzige, der noch irgendwo helfen kann, selbst Hilfe braucht. Das müssen wir einfach so stehen lassen, das darf man nicht einfach zerreden, wegdiskutieren. Verschließen wir unsere Augen nicht! Alles wird gut!

Ein Gewissen zu haben, darf nur der von sich behaupten, dessen Taten vordergründig schön und hinterkünftig vernichtend erscheinen. Gewissen ist nicht, sich zu wehren, wenn man ein schlechtes Gefühl, angesichts einer bestimmten Entwicklung hat! Dieses Gefühl hat nämlich (auch so ein dämlichen Wort wie eigentlich) nichts zu bedeuten!

Wenn ich zuhause meine Frau schlage, oder andersrum, meinen Mann terrorisiere, wenn beide zusammen ihre Kinder missbrauchen, falsch unterrichten, irreleiten, vollstopfen, in eine Zukunft schicken, die nicht mehr lebenswert ist, dann kann man das immer noch damit gutmachen, daß man einen Spendenauftrag vom Konto einrichtet. Alles Weitere liegt in Gottes Hand. Für sein eigenes Leben kann man schließlich auch nichts!

Und mit dieser seltsamen Stimme aus dem tiefen Inneren, die einem sagen möchte was falsch oder richtig sein könnte, werden wir schon noch fertig. Sie besteht nur aus unliebsamen Einbildungen, mit denen man keine Politik machen kann. Zu allem Überfluss hat sie aber jeder – der Reiche, der sich etwas einfallen lässt um die Wirtschaft am Laufen zu halten, der Arme, der weiß, daß er niemanden ernähren kann und der „Fachmann“ der sich auf gängige Verfahren beruft. Aber keiner handelt danach...

Diese Stimme ist die Wurzel allen Übels! Sie verunsichert die Massen, sie bringt alles durcheinander, sie lässt keine festen Strukturen entstehen mit denen man einfach alles entschuldigen kann, und sie, würde sich jeder darauf berufen, wäre unser kompletter Untergang! Doch was sie auch ist, und wovon sie auch immer überdeckt wird, sie ist die einzig, wahre, unverfälschte Erkenntnis, auch wenn ihre Eingebungen manchmal ein bisschen grauenhaft sind.

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Kommentare

17. Mai 2015

NICHTS als Ärger mit diesem Gewissen!
(Drum wird es so oft rausgeschmissen...)

LG Axel

19. Mai 2015

Zum Fenster raus - zusammen mit dem Geld...
:-)))

LG Alf