Die Tragik des Erfolgs - Page 2

Bild von Magnus Deweil
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wegen welchem die beiden sich nach all den Jahren wieder sahen fest. „Stimmt, deine Tante“ eine kurze Pause in Gordrics Satz ließ drückende Melancholie im Raum zurück. „Ja ich hab davon gehört, tragisch, sie war eine gute Frau.“ Unauffällig schob Theodor die Zündhölzer mit seinem Etwie in die Manteltasche und nickte ihm zustimmend entgegen. Dann stand er vom Tisch auf ging auf ihn zu und wollte ihm die Hand reichen. Godric packte ihn und drückte ihn an sich. Im selben Moment betrat ein weiteres Gesicht die alte Kneipe. Theodor spürte erneut einen Luftzug. Es war Abe. Es vergingen Stunden in denen die Drei in Erinnerungen schwelgten. Die Nostalgie war ihnen in den Augen anzumerken. Nach der sechsten Runde Pflaumenschnaps, die der Junge mit einem hämischen Grinsen servierte, als ob er um die Zukunft dieser Trunkenheit wusste, musste Theodor aufstoßen. Ein Brennen im Hals, dessen Folgen ihm aus früheren Tagen wohl bekannt waren, veranlasste ihn dazu die nächste Runde auszusetzen. Er nahm einen Schluck Bier, bemerkte in der Magengegend ein drückendes Unwohl sein und entschloss sich in weiser Voraussicht die Toilette aufzusuchen. Während Theodor sich mit schwachen und wackeligen Beinen von seinem Stuhl erhob, überkam ihn ein aus dem Nichts erscheinender Schwindel. Er stützte sich mit beiden Armen am Tisch und seufzte. Ihm war völlig bewusst in welchem längst schon unbekannten Zustand er sich befand. „HA ! Reichts dir schon ?“ Ein unverwechselbares Gestammel „Verrätste nix meh, Tessy „Für euch zwei reichts noch“ Die Mundwinkel zogen wie von selbst nach oben. Lautes Gelächter durchfuhr die Kneipe. Theodor entfernte sich von dem Tisch. Die andern Beiden schlugen ihre Bierflaschen aneinander. Mit Gleichgewichtsstörungen kämpfend und die Bar als Handlauf verwendend, schleppte er sich in Richtung der Toilette. Das Wasserlassen auf der dreckigen, beschmierten, stinkenden und schlecht beleuchteten Toilette wirkte diesem Abgrund erleichternd entgegen. Als er sich die Hände sachgerecht Waschen wollte fiel ihm auf, dass gar kein Becken vorhanden war. Ein Loch in der Wand, das von grünen und schwarzen Schimmelflecken umgeben war. Nur ein, dem Anschein nach abgebrochenes, Leitungsrohr hing aus dem Loch heraus. Vor der Tatsache stehend, dass er sich weder Hände noch Gesicht waschen konnte, stieg ihm jetzt zudem noch der widerwärtige Gestank von Urin und Erbrochenem in die Nase. Nun überfiel Theodor die schon vergessene, vom Pflaumenschnaps, hervorgerufene Übelkeit. Anders als zuvor am Tisch, konnte er sie diesmal nicht unterdrücken. Er eilte in eine türlose Kabine und übergab sich. Der Anstrengung des Erbrechens hingegeben kamen ihm die Tränen in den Augen. Der Magen war leer und die Übelkeit überwunden. Mit leicht tränenden Augen und ungewaschenen Händen torkelte Theodor an der Bar entlang wieder zurück zum Tisch zu Abe und Godric. „Wir haben noch einen für dich mit bestellt“ „Ein no…uf“ „Deine kaputte Zunge?“ Theodor hatte Gelächter erwartet. Doch in den letzten Minuten hatte sich die Stimmung der beiden gewandelt. Godric zündete sich eine Zigarette an. Ihm war der Rausch kaum anzumerken. Kein Schielen und auch keine Probleme damit, einen ordentlichen Satz zu formulieren. „Lange mach ichs hier nicht mehr Teddy“ Die Worte klangen ernst. Durch den währenddessen ausgeblasenen Rauch der Zigarette wirkten sie noch eindringlicher. „Was meinst du damit?“ „Na ! Allz!“ Abe hatte laut begonnen, doch konnte seinen Satz nicht unermahnt zu Ende führen. „Abe! Es ist zu viel. Meinst du etwa das hier sei ein Leben? Arbeiten um zu leben, trinken um dem erarbeiteten Leben zu entfliehen“ Theodor fand in diesem Moment keine Worte, auch wenn er welche des Trostes zu gern an seinen alten Freund gespendet hätte. Kurz war die Freude des Wiedersehens dem Untergang in der unvermeidbaren Trauer und Tragik des Trunks geweiht. „Wie dem auch sei…..“ Godric hob den Kurzen in die Luft. „Ijendwas blei immer“ Das Klirren des Anstoßens lockerte die Stimmung wieder. Theodor hätte zu gern gewusst über was die Beiden Sprachen, während er auf der Toilette war. Nach zwei weiteren Bier brach der Moment an, an dem jeder den Gedanken pflegte sich nach Hause zu begeben. Theodor begann in den Taschen seines Mantels nach seinem teuren Lederportmonee zu suchen. „Das passt Teddy, wir laden dich ein, der guten alten Zeiten wegen“ „Miki! Schreis uf“ Sich gegenseitig stützend verließen die Drei die Kneipe. Der Alkohol erfüllte seinen, an solchen Orten, wichtigsten Zweck. Er wärmte. Es war dunkel aber nicht kalt. Es war Sonntag gewesen, als die 10:00 Uhr Sirene Theodor erwachen ließ. Ein trauriger, regnerischer Sonntag. Der Blick aus dem Dachfenster ließ ihn für einen Augenblick an seine Zeit als Schichtarbeiter zurück Denken. Die Sirene untermauerte diese Erinnerung. Die Sirene die ganze 7 Jahre lang seinen Tagesablauf zeitlich regelte. Das Hotelzimmer, von dem er dachte mindestens die nächsten zwei Tage zu verbringen, spiegelte die Armut und Tragik der Straßen des Viertels. Es war klein, ein Bettgestell mit einer ranzigen, versifften Matratze und ein kleiner Tisch mit Hocker reichten um es auszufüllen. Mit schwerem Atem und Stöhnen bewegte sich Theodor langsam aus seiner äußerst unbequemen Schlafgelegenheit. Er fühlte die Sünden und die Maßlosigkeit der der vergangenen Nacht. Er war derartige Exzesse nicht mehr gewohnt. Trotz der physischen Schmerzen die ihn plagten, ihn zittern ließen, hielten ihn Godric´s Worte fest. Allein die Ausdrucksweise vermittelte das unangenehme Gefühl, dass das Jenseits bald einen weiteren Bewohner haben würde. Theodor würde es treffen, aber mit Sicherheit nicht so wie es ihn vor 13 Jahren getroffen hätte. Denn auch Henry`s Tod weckte nur ein kurz anhaltendes Trauergefühl in ihm. Warum? War er völlig kalt und emotionslos geworden? Nein! Er war glücklich bei der Geburt seines Sohnesvor 3 Jahren, er war öfter glücklich gewesen. Oder hatte er sich das immer nur Vorgemacht? Warum war er Zurück gekommen? Warum ließ er jetzt seinen Sohn im Stich? Gerade er, er hätte es besser wissen müssen. Er wusste wie es war keinen Vater zu haben. Und Jane, was war mit Jane? Seine Ehefrau, die er das letzte halbe Jahr mit der Bäckereiverkäuferin betrogen hatte. Er fühlte nichts mehr, wenn er bei ihr war, keine Erregung, kein Gefühl der Liebe. Selbst als er den Brief, der ihn über den Tod seiner Tante

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