Flaschenpost bei Glückstadt

Bild von Annelie Kelch
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Elbe – Strom unterm Möwenflug
treib ich die Wegspur den Deichhang hinab
und fern schwankt das Ufer: Sumpfdotter …
Gelbäugig blühts im Schlick neben Röhricht und Ried,
und ein Stoppelhalm reißt die uralte Wunde auf.

Elbmarsch – mein Kleinod im Frühtau, wenn' s funkelt
und perlt an den Gräsern, kühler atmet der Priel, und droben,
über Aue und Fluss, schleicht der blasse Jüngling von Deck:
So müd ist mein rastloser Mond!

Unterm Schilfdach der grünen Moschee ruft ein verwunschener
Prinz zum Morgengebet, und sein Urahn, der Seefrosch,
stimmt ein. Da zuckt, im Traum noch, der rotbunten Leiber
warmes Gewölk auf den Wiesen.

Drunten, am mageren Strand, birst mir im hölzernen Kahn
die Erinnerungsfracht. Das zärteste Gefühl füll ich um in
die leere Flasche am Kai und füg sie ins Graugeröll der
Steine. - Zu dir, Undine, trägt sie die Welle der Flut,
darin Ewigkeit nächtigt.

veröffentlicht in Bibliothek Deutschsprachiger Gedichte, Anthologie 2016, im Verzeichnis der Preisträger

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Kommentare

19. Dez 2016

Ein pures Landschaftsbild, das lebt -
Und nicht nur stur an Worten klebt ...
("Wisch-Hafen" findet Krause nicht gut:
"Det klingt nach Arbeet! Absolut!")

LG Axel

19. Dez 2016

Dank, Axel und Bertha:
Es ist ja nur ein kurzer Wisch,
fast wie übern Küchentisch:
von Glückstadt nach Wischhafen;
allerdings sollte man dabei
keineswegs schlafen,
sondern die schöne Landschaft betrachten,
und ggfs. auf die (noch vorhandenen) Fischlein achten.
Die Elblandschaft dort ist eher spröde und rau,
aber ich liebe sie und kenne sie noch genau.

LG Annelie