Durch Lesen lernen: die traditionelle Methode ist nicht tot
Im Zeitalter der digitalen Transformation hat sich auch im Bereich Pädagogik und hinsichtlich populärer Lernmethoden eine Menge getan: neues Wissen und Fähigkeiten eignet man sich heute oft per Computer oder gar mobiler App an, Schlagworte wie „spielerisch lernen“ und „Gamification“ sind in aller Munde, und was man einmal verinnerlicht hat, soll durch praktisches Anwenden in Übungen fest ins Gehirn zementiert werden.
Lernen per Audio und Video erfüllt die Forderung Lerninhalte auf attraktive Weise und schneller präsentiert zu bekommen, in einem Alltag, der sich stetig beschleunigt und wo kaum jemand noch Geduld oder Zeit zum Entspannen hat. Ist das Lernen durch Lesen, insbesondere mithilfe eines Buches, mittlerweile tot? Absolut nicht, denn diese traditionelle Methode setzt effektive Gegentrends zur stetig zunehmenden Reizüberflutung.
Frag einfach Google! Wer heute die Antwort auf jegliche Fragen sucht, konsultiert wahrscheinlich zunächst den Browser auf seinem Computer, Tablet oder Smartphone und findet hier nicht nur unzählige Webseiten zum Thema, sondern auch Links zu YouTube Videos und anderen Plattformen. Ganz gleich ob es um DIY-Projekte daheim geht, das Verbessern von Soft-Skills im Job, Fitness und Workouts, ein Gericht zuzubereiten oder darum eine neue Sprache zu lernen – Apps, Streaming-Dienste und Social Media liefern ein gigantisches Angebot and Lösungen im Handumdrehen. Und genau das kann manchmal ganz schön verwirrend und überwältigend sein.
Jeder Trend bewirkt auch einen Gegentrend, und genau hier kommt das gute alte Buch ins Spiel. Lesend lernen hat viele Vorteile, die die modernen Methoden einfach nicht bieten können: sich mit einem Buch auf die Couch zu setzen und ein Kapitel zu einem bestimmten Sachthema zu lesen, entspannt mehr als auf dem Smartphone zwischen einer YouTube-Anleitung, Facebook-Nachrichten und E-Mails zu scrollen. Statt sich auf fünf Dinge gleichzeitig zu konzentrieren und von Updates ständig abgelenkt zu werden, erlaubt es ein Buch ganz ins Material zu versinken. Lesen ist für das Gehirn, was Bewegung für den Körper ist, erklärte schon Joseph Addison, weshalb ein Buch nicht nur geistigen Sport ermöglicht, sondern gleichzeitig auch den Blutdruck senkt und Stress abbaut, und damit mentales Kardiotraining liefert. Wer regelmäßig liest, besonders Sachbücher, bei denen man gleichzeitig etwas lernt, hält den Kopf länger fit und kann altersbedingtem Abbau vorbeugen. Laut einer wissenschaftlichen Studie an der University Of California leiden Menschen mit hoher Lesekompetenz vier bis fünf Mal seltener an geistigem Verfall im Alter.
Wer sich ein Buch anschafft, um sich neues Wissen anzueignen, lernt zudem kontinuierlicher als in der schnelllebigen Welt des Internets, und Forscher haben ermittelt, dass gerade Kontinuität eine der effektivsten und zeitsparendsten Lernmethoden darstellt. Kurzum, wer sich täglich 30 bis 45 Minuten einem Lehrbuch widmet, wird mehr verinnerlichen als jemand, der eben schnell Google befragt. Liegt das Buch auf dem Nachttisch oder neben der Couch, und kehrt man regelmäßig dazu zurück, lernt man mehr und dauerhafter.
Was genau lässt sich jedoch lesend, mit einem Buch, besonders gut lernen? Wer eben schnell die Toilettenspülung reparieren will, ist wahrscheinlich mit einer YouTube-Anleitung besser beraten als in die nächste Buchhandlung zu fahren. Neue Fähigkeiten, die grundlegendes Wissen, strategisches Denken und Strategie erfordern, lassen sich hingegen besser lesend verinnerlichen als per Video, nicht zuletzt deshalb, weil es hier leichter ist eine Seite nochmals zu lesen, bestimmte Stellen zu markieren oder zurückzublättern. Die Ratgeber-Reihe „Für Dummies“ konzentriert sich beispielsweise genau hierauf und liefert nützliches Wissen zu sämtlichen Lebensfragen.
Während man körperliche Fähigkeiten wie Radfahren oder Fußballspielen sicherlich am besten durch praktische Übung lernt, lassen sich geistige durchaus auch durchs Lesen aneignen: wer beispielsweise Schachspielen oder Poker lernen möchte, und keinen Partner zum Spielen hat, kann sich lesend das notwendige Grundwissen aneignen, Strategien und Spielzüge studieren und Selbstbewusstsein aufbauen, bevor man einem Schachverein beitritt oder ins Casino geht. Gerade Poker besitzt zahlreiche Spielvarianten und Regelabweichungen, auch psychologisches Geschick, gute Beobachtungsgabe, selbstsicheres Auftreten und das berühmte Pokerface wie auch die passenden Strategien sind wichtig, um ein Spiel zu gewinnen, und wenngleich die Regeln leicht zu erlernen sind, dauert ist viele Jahre, um echter Meister darin zu werden.
Klar, wer öfter spielt, verbessert sich automatisch und gewinnt auch mehr Selbstbewusstsein, doch auch theoretisches Wissen, dass man sich durch Lesen von Büchern zum Thema aneignet, bringt begeisterte Spieler weiter. Zum Thema Schach gibt es zahllose Titel, von Regelanleitungen und Grundkenntnissen zu den wichtigsten Eröffnungen oder Endspielen und Psychotricks der Profis. Gleiches gilt für das Pokerspiel, das schon lange nicht mehr als Spiel der Mafia und Ganoven gehandelt wird, und kaum noch als klassisches Glückspiel gilt, da es weitaus häufiger durch Übung und Strategie gewonnen wird. Herausgegeben werden die Poker-Bücher dabei oftmals von bekannten Profis wie Dan Harrington, David Slansky und Dusty Schmidt. Statt also wahllos im Internet nach Tricks und Anleitungen zu suchen und sich dabei überwältigt zu fühlen, lässt es sich hier direkt von einem Experten lernen – ganz gleich, ob man am Ende dann analog in der Spielbank oder einem Verein oder eben doch elektronisch über den Computer-Browser oder eine App spielen möchte.
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