Das Wiener Riesenrad

Bild zeigt Anita Zöhrer
von Anita Zöhrer

Weit über die Grenzen Österreichs hinaus ist es bekannt: Das Wiener Riesenrad im Wiener Wurstelprater. Als Wahrzeichen Wiens ist es sehr beliebt bei den Gästen des Vergnügungsparks, doch kaum jemand weiß, wie unglücklich das Riesenrad seit langer Zeit eigentlich ist. Schon seit dem 19. Jahrhundert steht es hier, trotzdem hat es die Stadt Wien noch nie wirklich kennengelernt.

Wie gerne würde ich einmal eine Rundfahrt durch die Stadt machen, bitte, schraubt mich doch endlich los!

Nur ein Einziger kann das Rufen seines Herzens vernehmen, es ist der Weihnachtsmann. Bis zum Nordpol dringt das Flehen des Riesenrads, so stark ist sein Sehnen.
So kommt es, dass an Heiligabend der Weihnachtsmann auch dem Riesenrad einen Besuch abstattet und mithilfe seiner übernatürlichen Kräfte aus allen Verankerungen befreit.

Vergnügt rollt das Riesenrad daraufhin quer durch die Stadt und gibt sich dabei große Mühe, keine Gebäude zu beschädigen und auch keine Passanten zu verletzten. Die Menschen, die es sehen, glauben zu träumen, Betrunkene und Drogensüchtige entscheiden sich in dieser Nacht, sobald wie möglich Entziehungskuren zu beginnen.

Das Riesenrad ist begeistert von all den Beleuchtungen und dem Weihnachtsschmuck, zum ersten Mal in seinem Leben wünscht es sich, klein zu sein. Wie gerne hätte es auch die engen Gassen erkundet und sich in einem Café eine Wiener Melange mit einem Stück Esterhazytorte gegönnt.

HoHoHo.

In seinem Renntierschlitten fliegt der Weihnachtsmann über Wien und blickt mit einem liebevollen Blick auf das Riesenrad herunter. Nur zu gerne erfüllt er ihm auch den Wunsch, klein zu sein. Erstaunt merkt das Riesenrad, wie es mit einem Male immer weiter schrumpft, bis es plötzlich zwei Beine hat, eine Jeans und einen dicken Mantel über seinen Rollkragenpulli trägt. Kein riesiger Gegenstand ist es mehr, sondern ein Mensch wie all die Passanten, denen es begegnet.

Vor Freude jubelnd läuft es herum und kehrt ins nächste Café ein, lässt es sich nicht nehmen, anschließend auch noch andere Sehenswürdigkeiten wie den Stephansdom zu besuchen und diesen von seinem Glück zu berichten.

Jahr für Jahr wird seit jener Nacht erzählt, dass an Heiligabend Gerätschaften wie auch Sehenswürdigkeiten mit einem Male verschwinden und am nächsten Morgen wieder an Ort und Stelle stehen. Ja, sogar die Christmette im Stephansdom muss an einem Weihnachten ausfallen, da der Stephansdom mit einem Male nicht mehr da ist.

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