Das Geschäft mit den Produkttests - vertrauenswürdige Seiten erkennen
Das Internet ist voll mit erfundenen Warentests. Einige der Fake-Testseiten berufen sich sogar auf Testergebnisse der renommierten deutschen Stiftung Warentest, obgleich deren Verbraucherexperten das Produkt nie in der Hand hatten und auch nicht darüber berichteten. Erfundene Tests mit fragwürdigen bis wirklich falschen Ergebnissen schaden dem Verbraucher extrem. Was steckt dahinter?
Hintergrund der Fake-Testseiten: Affiliate-Marketing
Die Einrichter solcher Fake-Testseiten sind sogenannte Affiliates. Das sind Werbepartner von Herstellern oder Händlern, die von der Testseite aus auf das Produkt verlinken. Klickt nun ein Leser diesen Link an, verdient der Affiliate Geld – manchmal schon durch den bloßen Klick (im Centbereich), manchmal durch einen qualifizierten Lead (der Interessent hinterlässt auf der Produktseite seine E-Mail-Adresse für weiterführende Werbung), manchmal auch durch den Verkauf des Produkts, wobei teilweise recht ordentliche Provisionen verdient werden. Es leuchtet ein, dass der Affiliate an einer durchweg positiven Darstellung des beworbenen Produkts per „Testbericht“ interessiert ist. Dafür schreibt er entweder selbst den Testbericht oder beauftragt dafür einen Autoren, der sich die Informationen zum Produkt im Internet zusammensucht und dann ein hochgejubeltes „Testergebnis“ abliefert. Die Autoren arbeiten für Groschenpreise und denken folglich über den Wahrheitsgehalt ihrer Arbeit nur wenig nach. Das Problem dabei ist, dass professionelle Autoren solche Berichte wirklich elegant verfassen können. Daran kann ein wenig informierter Leser durchaus glauben. Zur Ehrenrettung der Affiliates und ihrer Autoren soll noch angemerkt werden, dass Affiliate-Marketing nicht per se schlecht ist. Die produzierenden Unternehmen und die Händler können diese Unterstützung wirklich gebrauchen, die es auch für durchaus seriöse Produkte gibt. Nur sollte nichts als „Test“ verkauft werden, das nicht wirklich getestet wurde – indem es nämlich der Tester wirklich in der Hand hatte und ausprobiert hat.
Wie lassen sich Fake-Testseiten erkennen?
Es gibt einige Indizien dafür, dass ein Test nicht wirklich stattgefunden hat:
- Auf der „Testseite“ gibt es nur tolle Produkte. Kritik ist kaum zu finden, und wenn, kommt sie sehr vorsichtig dosiert daher. So folgen auf eine Aufzählung von sieben bis acht vermeintlichen Vorteilen des Produkts vielleicht zwei harmlose Kritikpunkte („Produkt lässt diese oder jene Eigenschaft vermissen, doch dafür ist es auch sagenhaft günstig“ etc.). Bei echten Tests hingegen gibt es fast immer auch eine handfeste Kritik.
- Die Fotos stammen direkt von der Produktseite. Der Rezensent hat sie einfach von dort übernommen. Normalerweise macht ein echter Tester eigene Produktfotos oder -videos während seines Tests.
- Auffällige Links und/oder Kaufaufforderungen führen sehr deutlich markiert zum Händler. Das ist natürlich im Affiliate-Marketing (auch für seriöse Produkte) üblich, jedoch übertreiben es die Fake-Testseiten damit viel zu sehr. Die Schaltflächen für die Links sind sehr groß und in Signalfarben gehalten, damit sie der Leser ja nicht übersieht.
- Das Wort „Testsieger“ taucht meistens nicht auf. Das hat den juristischen Hintergrund, dass es nur für echte Tests verwendet werden darf. Daher verwenden die Fake-Tester Begriffe wie „Testsieger der Stiftung“ oder „Vergleichssieger“. Allerdings gibt es auch dubiose Seiten, die frech mit einem „Testsieger“ werben – bis sie eines Tages abgemahnt werden.
- Fake-Tests lassen eine echte Testbeschreibung vermissen. Diese stellt nicht das Produkt, sondern die Art des Tests dar. Wer aber nicht testet, kann den Test auch nicht beschreiben.
- Manchmal fehlt solchen Seiten sogar das Impressum. Dieses gehört aber pflichtgemäß auf deutsche Webseiten. Wenn eine Seite ganz und gar auf Deutsch publiziert wird und somit den Eindruck erweckt, der Test hätte hierzulande stattgefunden, ist das fehlende Impressum ein nahezu untrügliches Indiz für eine Fake-Testseite.
Vertrauenswürdig: Stiftung Warentest
Die Stiftung Warentest gibt es seit 1964, ihre Gründung ging auf einen Beschluss des Bundestages zurück. In jener Boomphase des Wirtschaftswunders wuchs der Bedarf an Verbraucheraufklärung, die deutsche Politik reagierte darauf. Ausdrücklich sollten ihre Tests von Anfang unabhängig und objektiv ausfallen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Die Stiftung Warentest betreibt ausdrücklich keine Werbung. Sie finanziert sich durch kostenpflichtige Produkttests und aus Steuermitteln. Es ist eine gemeinnützige Organisation. Ihre Tester kaufen Produkte und Dienstleistungen anonym und bewerten sie dann nach objektiven Kriterien, die zu jedem Test ausführlich dargestellt werden. Die Tests werden mit wissenschaftlicher Akribie durchgeführt. Teilweise beauftragt die Stiftung technische Institute mit entsprechendem Know-how und Equipment mit der Testdurchführung. Die Hersteller und Händler können auf die Tests keinerlei Einfluss ausüben. Das Vertrauen in die Stiftung Warentest ist hoch: 96 % der Deutschen kennen sie, 80 % vertrauen ihr grundsätzlich.
Vertrauenswürdig: Kraftmahl
Die kleine Webseite Kraftmahl publiziert echte Tests von Sportnahrung und Fitnessartikeln. Die Tests stammen von Sportlern, die durchaus auch getestete Artikel empfehlen. Dabei folgen sie aber grundsätzlich dem Ansatz, nur Produkte mit überzeugenden Eigenschaften zu bewerben. Das ist in Ordnung, es ähnelt einer positiven Kundenrezension auf einem Händlerportal. Es bedeutet auch: Manche Produkte empfehlen die Tester ausdrücklich nicht. In der Regel testen mehrere Personen ein Produkt. Ein Experte fasst die Ergebnisse zusammen und unterschreibt dafür mit seinem Namen. Zum Vergleich: Die Autoren, die für Affiliate-Webseiten schreiben, bleiben grundsätzlich anonym. Auch der Name des Affiliates ist vielfach nur sehr versteckt im Impressum zu finden, wenn es denn eins gibt. Die Tests auf Kraftmahl sind zeitaufwendig. Außerdem werden sie regelmäßig überarbeitet, wenn es zum Produkt neue Erkenntnisse gibt. Achtung: Kraftmahl finanziert sich auch durch Affiliate-Marketing. Dieses ist schließlich nicht grundsätzlich unseriös (siehe oben). Die Betreiber der Seite kommunizieren das aber sehr klar. Übrigens beschäftigen sie grundsätzlich keine Ghostwriter, sondern schreiben die Texte selbst bzw. lassen sie von beteiligten, testenden Sportlern schreiben.
Vertrauenswürdig: Wirecutters
Wirecutters ist das weltweit größte Portal für Kaufempfehlungen und stellt in seinen Testberichten vorwiegend Elektrogeräte vor. Die Seite, die seit 2016 zur New York Times Company gehört, wurde im Jahr 2011 durch Brian Lam gegründet. Sie verdient ebenfalls durch Affiliate-Marketing, geht aber bei den Tests strikt seriös vor. Die testenden Mitarbeiter erfahren vor dem Ende einer Testreihe nicht, wer Testsieger wird und vom wem Wirecutters folglich eine Affiliate-Provision erhält (in der Regel von den Erst- und Zweitplatzierten, auf die dann Links führen). Die Seite kooperiert mit anderen Testern und auch Händlern wie Amazon relativ intensiv.
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