Goethe und die Frauen: Gleichberechtigung, Liebe und Sexualität
Gleichberechtigung, Liebe und Sexualität – zu diesen drei Begriffen fällt wohl den wenigsten der Dichter Goethe ein. Doch wie auch so viele andere Schriftsteller hat Goethe sich in seinen Werken ausgiebig mit Liebeskummer, Stress in der Beziehung und dem schönen Geschlecht beschäftigt.
Lange führte er eine uneheliche Beziehung zu einer Frau namens Christiane, bevor er sie schließlich nach 18 Jahren heiratete – damals etwas Unerhörtes. Vor allem in „Die Leiden des jungen Werther“ und „Faust I“ beklagt er sich darüber, wie die Liebe am Ende immer alles in den Ruin treibt. Dann wollen wir mal sehen, wie aktuell die Weisheiten des Lieblings der Frauen von damals über Gleichberechtigung, Liebe und Sexualität heute noch sind.
Goethe und die Gleichberechtigung
Sind wir mal ehrlich: Mit der Gleichberechtigung hat Goethe es nicht so eng genommen. Mit Aussagen wie „Ich wünsche mir eine hübsche Frau, die nicht alles nähme gar zu genau“ (Zahme Xenien) hätte er heute sicherlich nicht allzu viel Erfolg bei den Frauen... Und auch über das Verhalten von Frauen untereinander meint Goethe Bescheid zu wissen. In Maximen und Reflexionen schreibt er darüber, dass verheiratete Frauen sich gegen junge Mädchen verbünden würden: „Verheiratete Frauen, wenn sie sich auch untereinander nicht lieben, stehen doch stillschweigend miteinander, besonders gegen junge Mädchen, im Bündnis“ (Maximen und Reflexionen 234). Verfechter des Equal Pay-Konzeptes dürften wohl auch über diesen Satz den Kopf schütteln: „Es kann im Leben etwas für einen Jüngling gemäß sein, ohne sich für ein Frauenzimmer zu schicken“ (Dichtung und Wahrheit, 8. Buch).
Außerdem hat Goethe auch direkt ein paar Weisheiten über die Familiengründung parat: „Bei Frauenzimmertalenten aller Art habe ich immer gefunden, dass sie mit der Ehe aufhörten. Ich habe Mädchen gekannt, die vortrefflich zeichneten, aber sobald sie Frauen und Mütter wurden, war es aus; sie hatten mit den Kindern zu tun und nahmen keinen Griffel mehr in die Hand“ (zu seinem engen Vertrauten Eckermann 1824). Schon Goethe hat erkannt: Die Familie raubt einem (Frauen) den letzten Nerv. Die Aufgabe der Erziehung fällt heutzutage glücklicherweise nicht mehr nur den Frauen in den Schoß – auch immer mehr Herren der Schöpfung kümmern sich um ihre Kinder. Was Goethe wohl dazu sagen würde.
Goethe und die Liebe
Eins hat der Dichterfürst schon immer gewusst, das muss man ihm lassen: Eine Frau mit gutem Humor ist die beste Partnerwahl. So riet er 1809 seinem Sekretär Riemer: „Eine stille, ernsthafte Frau ist übel dran mit einem lustigen Manne. Ein ernsthafter Mann nicht so mit einer lustigen Frau.“ Auch wusste er, dass diese mit guten Manieren zu erobern sind. „Der Umgang mit Frauen ist das Element guter Sinne“ (Maximen und Reflexionen 31) – etwas was die Männer von heute sich bei Goethe abschauen können, wenn sie die Frau ihrer Träume erobern wollen. Denn das gelingt schließlich nicht mit beflecktem Hemd und drei Tage alten Socken am Esstisch.
Ist die Frau der Begierde aber bereits alleinerziehende Mutter, dann rechnet Goethe ihr keine guten Chancen aus: „Junge Frauenzimmer sehen sich bescheiden vielleicht nach diesem oder jenem Jüngling um, mit stiller Prüfung, ob sie ihn wohl zum Gatten wünschten; wer aber für eine Tochter oder einen weiblichen Zögling zu sorgen hat, schaut in einem weiteren Kreis umher (Die Wahlverwandtschaften II, 10. Kapitel)“.
Goethe und die Sexualität
Dieses Thema ist immer wieder ein wichtiger Stichpunkt der literaturwissenschaftlichen und auch kunsthistorischen Forschung rund um Goethes Leben. Manche Forscher sind sich sicher, dass Goethe Probleme mit der Sexualität hatte und ganz sicher keine Sexspielzeuge oder einen Dildo ins Spiel gebracht hätte, wie das heute in vielen Beziehungen Gang und Gäbe ist. Dieser sah das zu Lebzeiten allerdings anders:
„Pah“, sagte Goethe lachend, „als ob die Liebe etwas mit dem Verstand zu tun hätte! Wir lieben an einem jungen Frauenzimmer ganz andere Dinge. Wir lieben an ihr das Schöne, das Jugendliche, das Neckische, das zutrauliche, den Charakter, ihre Fehler, ihre Capricen und Gott weiß was alles Unaussprechliche sonst“ (zu seinem engen Vertrauten Eckermann 1824)“.
Aber Goethes Einstellung zu Sexualität war in jedem Falle eine andere, als die seiner Freunde, wie beispielsweise Schiller, von damals. Während Schiller oft mit Prostituierten schlief und auch in der Brautwahl nicht zimperlich war, löste der Gedanke mit Dirnen zu verkehren Ekel bei Goethe aus. Und mit dem Heiraten war das für ihn auch so eine Sache. Nicht ohne Grund nahm er Christiane Vulpius erst nach 18 Jahren zu seiner Frau. Vor allem in seinen jungen Jahren waren seine erotischen Objekte insbesondere ältere und vergebene Frauen – die, die zu haben waren, interessierten ihn nicht. Goethe schwang immer große Reden über das sinnlichste Erlebnis zwischen zwei Menschen, aber manch ein Wissenschaftler vermutet sogar, dass er sein eigenes sexuelles Erwachen erst mit fast 40 Jahren hatte. Ziemlich spät für jemanden, der sich so viel mit dem Thema beschäftigt hat.
So oder so: Goethe hat zu Lebzeiten eine Vielzahl an Weisheiten rund um die Liebe, Frauen und Sexualität verfasst. Einige Ratschläge werden sicherlich immer zeitlos bleiben, anderen hingegen kann man heute nur noch ein schmunzelndes Lächeln entgegenbringen.
- Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden.
- 5562 Aufrufe