Post-Kapitalismus: Was passiert nach dem Knall?

02. August 2018

In den vergangenen Jahren wurde bereits viel gegen den vermeintlichen Feind, den Kapitalismus protestiert. Es wurde aber auch spekuliert, was passieren wird, wenn dieses System nicht mehr tragbar ist. Von weitdeckender Digitalisierung bis hin zu einer arbeitslosen Welt sind die Prognosen, die vielen Menschen Unmut bereiten.

von Literat Pro
Bild zeigt Dollarscheine - das inoffizielle Symbol des Kapitalismus
Symbol des Kapitalismus - der Dollar
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Wir leben in einer Zeit, in der Reichtum in den Industrieländern weit verbreitet ist und in der immer mehr automatisiert wird. Die  steigende Digitalisierung führt dazu, dass weiterhin Jobs vom Markt verschwinden und der Computer oder Roboter den Menschen ersetzt.

Große Aufregung folgte den vielen Studien, die mögliche Konsequenzen in unserer Gesellschaft der Automatisierung und Digitalisierung zuschreiben. So glaubt man, dass laut einer Studie des Weltwirtschaftsforums in Davos 5 Millionen Arbeitsplätze in den Industrieländern den Markt verlassen werden.

Steht Europa vor einer historischen Wende oder sind die Zukunftsszenarien von Peter F. Drucker und Paul Mason ihrer Zeit weit voraus?

Viel wurde darüber schon diskutiert, geschrieben und berichtet. Ökonomen, Philosophen und verschiedene Experten haben sich vor allem in der letzten Dekade mit der Frage beschäftigt, wie weit der Kapitalismus zu verschmerzen ist, wann die Fassade herum zu bröckeln beginnt und was passiert, wenn es so weit ist.

Schon 1993, als die ersten Web Browser und Laptops noch in ihren Startlöchern standen, prophezeite Peter F. Drucker in seinem Buch Post-Capitalist Society, dass wir uns wegbewegen von der Industrie- und hin zu einer Informationsgesellschaft. 2015 erweitert ehemaliger Musiker und Journalist Paul Mason diese Theorie in seinem Buch PostCapitalism: A Guide to our Future.

Beide besprechen das baldige Ende des Kapitalismus und eine Veränderung des Arbeitsmarktes. Durch Automatisierung werden sich viele Arbeitsmärkte weiter umformen, der Bedarf an klassischen Arbeitskräften wird sinken und das Verhältnis zwischen Lohn und Arbeitszeit wird gelockert.

Auch laut Paul Mason folgt dem Kapitalismus eine Zeit der Informationstechnologie. Information, so Mason, ist mit dem System des Kapitalismus nicht kompatibel und die Auswirkungen davon zeigen sich vor allem am Arbeitsmarkt. Wissen und Information hält sich nicht an die Regel von Angebot und Nachfrage. Als Beispiel demonstriert er die Plattform Wikipedia, die Wissen unentgeltlich zugänglich macht. Es wird jedoch auch Kritik an seinen Thesen geübt, nicht zuletzt am Wikipedia Beispiel.

Die Sorgen der Mittelschicht

Die Rede ist unter anderem davon, dass die Diskussion über einen kollektiven Mindestlohn ohne vorausgesetzter Arbeit in der Zukunft wichtiger wird. Da steigende Arbeitslosigkeit ein ständiges Problem darstellt, versuchen Staaten bestmöglich damit umzugehen. Ausprobiert wird ein Modell für ein bedingungsloses Grundeinkommen derzeit in Finnland. Damit sollen verlorene Jobs und die damit verbundene Kaufkraft reguliert werden. Aber auch soziale Sicherheit soll das Grundeinkommen bewirken.

Steht das System, das wir seit vielen Jahrzehnten kennen, vor dem kollabieren, so entsteht Unmut über eine ungewisse Zukunft. Ist unsere Gesellschaft vorbereitet auf ein Zeitalter fern von den Spielregeln mit denen sie aufgewachsen ist? Die wohl brennendste Frage für viele ist, wie werden unsere Kinder eine Arbeit finden?

Es gibt jedoch auch Entwarnung. Nicht nur wird eine Vielzahl an Jobs verschwinden, es werden auch ständig neue geboren. Bevor das erste Smartphone produziert wurde, konnte sich niemand vorstellen, in welchem Ausmaß diese Technologie den Arbeitsmarkt weiterentwickeln wird. Heute entstehen ständig neue Technologien und Geräte, die womöglich die Zukunft am Arbeitsmarkt sein werden.

Nicht nur die Arbeitswelt verändert sich

Ein Bericht der Plattform welt.de berichtet darüber, wie die Veränderung alle Bereiche unseres Lebens betrifft, nicht nur die Arbeitswelt. Experten raten, dass Politik, Wirtschaft und die Gesellschaft alsbald handeln um die kommenden Generationen darauf vorzubereiten. So sei es dringend notwendig, Bildungseinrichtungen auf den neuesten Stand zu bringen und ihre Lehrpläne zu reformieren. Nicht nur auf universitärer Ebene, aber auch in der Grundschule müssen Schülerinnen und Schüler auf die neue Welt vorbereitet werden.

Dazu zählen der richtige Umgang mit Medien, adäquate Ausbildung in technischen Berufen sowie die Fähigkeit komplexe Themen miteinander zu verknüpfen und zu erarbeiten. Wenn die Zeiten des klassischen „nine-to-five“ Jobs vorbei sind, müssen unsere Kinder früh genug richtig ausgebildet werden.

Um der Drohung der Maschinen entgegenzuwirken, heißt es, Fähigkeiten zu stärken, die die Maschinen nicht vollkommen ersetzen können. Dazu gehören Kreativität, komplexes Denken in Problemsituationen und Innovation. Ein viel vernetztes Denken wird notwendig sein, um mit der Digitalisierung mithalten zu können.

Alles in allem sind Veränderungen keine große Überraschung. Jede Ära oder Zyklus ist charakteristisch dafür, ein Ende zu haben. Kommt es früher oder später - das bleibt noch ungewiss. Was bleibt, ist die Tatsache, dass diese Veränderungen stattfinden und sich die Gesellschaft diesen anpasst. Ob sich tatsächlich schon ein Ende des Kapitalismus in den kommenden Jahren benennen lässt, ist weiterhin fraglich. Dass Wissen rein unentgeltlich zugänglich wird, ist unwahrscheinlich. Unzählige Bereiche setzen nach wie vor auf Kompetenzen von Experten. So düster ist der Ausblick also nicht in unsere Digitale Zukunft.