Schlagsahne

Bild von Kurt Tucholsky
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Von Theobald Tiger
(Anmerkung Redaktion: Pseudonym von Kurt Tucholsky)

Wenn früher unsre kecken jungen Damen
im Café schwelgten, süß in Süßigkeit:
die Sahne war dabei. – Man kennt den Namen
davon heut nur noch aus der alten Zeit.
Ein klebrig übles Zeug vertritt die wichtige
Schlagsahne; jeder lutscht zwar ganz erpicht –
Es sieht auch beinah aus wie jene richtige:
allein die gute alte ist es nicht.

Die Politik und so … Ach ja, ihr Lieben!
Ich kratz mich tiefbekümmert auf dem Kopf.
Du siehst, wie alle, alle etwas schieben.
Du siehst, das Kind streikt schon auf seinem Topf.
Du siehst die Nebel auf und nieder wabern.
Dies Frühjahr macht uns wirklich keinen Spaß.
Denn zwischen Lichtenberg und Zabern
wankt man so hin und her – ohn Mittelmaß.

Der Friede kommt. Ja, kommt er diesem Lande?
Was birgt die Decke, die der Frühling lüpft?
Vielleicht gibts auf der Welt noch andre Bande
als jene nur, die unser Kaufmann knüpft.
Erlaubt, daß ich die dumme Zeit bezichtige:
sie hat und ist nicht Fisch noch Fleischgericht.
Sie sieht auch beinah aus wie eine richtige –
allein die gute alte ist es nicht!

Veröffentlicht / Quelle: 
Ulk Jahrgang 48. Nummer 15. Seite 50; 17.Januar 1919; Rudolf Mosse Verlag [Quelle: UB Heidelberg]

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Kommentare

08. Mai 2017

Süß in Süßigkeit,
ist doch genial !
Da grüßt der Volker H. aus U.