Pfüad Di'

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So, Mama, jetzt gehst D' nimmer weg,
denn jetzt bist echt verschwund'n …
Wia oft hab' i Di' g'suacht im Leb'n -
zum Glück dann doch a g'fund'n!

geschrieben am 16.3.2018, bearbeitet bis 27.3.2018

Kommentar 1: Durch widrige Umstände, durch eigene oder fremde Schuld, kann jemand, obwohl er uns räumlich gesehen sehr nah ist, bisweilen als sehr entfernt erlebt werden. Er scheint von uns weggegangen zu sein, obwohl er anwesend ist. Auf der anderen Seite kann von uns jemand als sehr nahestehend empfunden werden, obwohl er – kilometermäßig betrachtet – sehr weit entfernt ist. Glücklich dürfen sich diejenigen nennen, denen es gelungen ist, beiderlei Entfernungen – die innere wie die tatsächliche – zu überwinden.

Kommentar 2 (für alle, welchen die bayerische Mundart nicht so vertraut ist):
„Pfüad Di'!“ ist ein wohlwollender Abschiedsgruß. Die hochsprachliche Langform heißt nämlich: „Behüte Dich Gott!“, mundartlich eben: “B'hüat Di' Gott!“ Da die Verbindung „B'hüat …“ aber schwer auszusprechen ist, schlich sich in der Umgangssprache ein „f“ ein, sodass das „Pfüad Di' Gott“ entstand, welches meist nur als obiges „Pfüad Di'“ verwendet wird. Jedenfalls wünscht auch diese Kurzform dem Scheidenden (oder demjenigen, den man verlässt), dass er von einer guten Macht behütet sein möge. In diesem Sinne, liebe Leser, sage ich „Pfüad Eich!“ (Pluralform).

Rezitation:

Rezitation: gesprochen am 27.3.2018

Interne Verweise

Kommentare

28. Mär 2018

Also „Pfüad Di'!, das versteht auch eine hessische Preußin, und Dein liebevolles trauriges bayrisches Mundart Muttergedicht kommt bei mir in Ton und Text an, lieber Alfred, berührt mich.Tut mir Leid.
Liebe Grüße Marie

28. Mär 2018

Gefällt mir sehr, lieber Alfred, auch das Vorwort und wie Du den Text sprichst, berührt mich sehr - ich kenne das Gefühl, danke!
Lieben Gruß, Monika

28. Mär 2018

Nur vier - bewegende - Zeilen,
doch sie geben wieder ein Leben
bis hin zum Tod, und enden
mit den versöhnlichen Worten
"Glück" und "finden".

Herzliche Grüße
Willi

28. Mär 2018

Wirklich sehr treffend, lieber Alfred. Aber weshalb nur Mama? Ich würde es durchaus auch auf "Papa" anwenden - und hätte es im Plural geschrieben:
So, Mama und Papa, jetzt seids ...

Liebe Grüße,
Annelie

28. Mär 2018

Liebe Annelie,

danke für Deinen Kommentar, auf den ich unbedingt eingehen muss, um ein Missverständnis auszuräumen. Dieses Gedicht ist vor kurzem während einer Autofahrt plötzlich da gewesen. Es ist - wie fast alle meiner Texte - nicht konstruiert, sondern erlebt. Am 11.März ist nämlich meine Mutter, die ich bis zuletzt pflegte, verstorben.
Liebe Grüße vom Alfred!

28. Mär 2018

Innig und nahegehend ...!

Liebe Grüße
Soléa

28. Mär 2018

Worte sind 's aus schweren Stunden,
die hier ihren Reim gefunden,
leidgebor'ne, aber wahre ...
... Ich dank' Euch für die Kommentare!

Liebe Grüße vom Alfred