Die Schizphrenie ist nicht peinlich

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von Alf Glocker

Das Leben besteht, wenn man nicht aufpasst, aus Peinlichkeiten! Niemand darf z.B. die ungeschminkte Wahrheit sagen. Und das führt zu einem weit verbreiteten Irrtum: Viele denken, daß sie jeder kennt und bloß aus Rücksicht auf die Kinder, die Schwachen, die Blöden, die Sonstwas, aber nicht ausspricht, damit niemand durch sie zu Schaden komme. Der Witz dabei ist, daß sie vermutlich nur sehr wenige Menschen tatsächlich kennen und dann natürlich Abstand von ihr nehmen, weil sie halt nicht gesellschaftsfähig ist.

Ja, aber wie sieht sie denn aus, die „Wahrheit“? Na, da sollten wir doch nicht lange darum herum reden und zugeben: Was gut ist, ist gut und was schlecht ist, ist schlecht! Will heißen? Ganz einfach ... wer z.B. geliebt werden möchte, der sollte zumindest eine gute Eigenschaft haben, falls er oder sie schon nicht gut aussieht. Die Intelligenz soll da Wunder wirken, die Schönheit natürlich auch, Herzenswärme und Sensibilität sind ebenfalls wertvoll.

Eine weitere Wahrheit ist aber auch: daß der Neandertaler viel hässlicher war als der moderne Mensch und selbstverständlich dümmer – aber das geht bereits in den fragwürdigen Bereich! Das darf man vermutlich schon gar nicht mehr sagen ... weil es der sogenannte „moderne Mensch“ verlernt hat, natürlich zu denken. Man könnte anstatt „natürlich“ einfach auch „logisch“ verwenden. Und dadurch wird er sich selber auslöschen. Es ist ihm einfach nicht mehr möglich, den natürlichen Gegebenheiten direkt ins Auge zu sehen.

Der „moderne Mensch“ denkt nicht mehr logisch, oder natürlich logisch, sondern wirtschaftlich, also „gewinnorientiert“. Für ihn bedeutet es Gewinne zu machen, indem er ausstirbt. Warum? Weil er es gut haben möchte! Und in dieses neue Weltbild des Guthabenmöchtens passt es einfach nicht rein, daß sich Politiker und Milliardäre nichts daraus machen, ob es außer ihnen noch jemand anderer gut haben möchte. Da zählt Masse statt Klasse!

Und was befiehlt uns das Diktat der Massen? Ganz klar: Wenn der moderne Mensch nur noch den persönlichen Wohlstand im Visier hat und damit ebenso denkt wie normalerweise nur Milliardäre oder Politiker, dann tut's der Neandertaler auch! Den muss man ja nicht lieben – und untereinander müssen sich die Neandertaler auch nicht lieben ... sie müssen nur FUNKTIONIEREN! Das geht ohne Liebe viel besser als mit! Der Trieb ersetzt, was der moderne Mensch hatte - und damit gibt es auch ein Fortbestehen!

Untereinander müssen die neuen Altmenschen auch nichts aufweisen, weswegen sie sympathisch aufeinander wirken könnten. Die Zweckmäßigkeit von Arbeitsabläufen genügt. Dadurch entwickelt sich die Menschheit zwar nicht weiter, aber das macht nichts. Ein paar wenige, die glauben, auf ewig die Macht in Händen halten zu können, leben ihren Traum vom Aufstieg in die höheren Regionen des Seins trotzdem weiter. Daß dies eine unglaubliche Milchmädchenrechnung ist, die – noch unglaublicher – von den geistigen Spitzen der Zivilisation erfunden worden ist, muss ja nicht festgestellt werden.

Dafür geben wir uns der Schizophrenie des Gesellschaftsfähigen hin, die nichts besagt, außer, daß wie heute wieder im Privatjet nach Quatschiphonien unterwegs waren, um mit der dortigen High Society den Weltuntergang zu feiern, weil das so überaus romantisch ist ... und außerdem gerade der letzte Schrei, der Obergag, der endgeile Trend, den die DJs der Welt benützen, um damit die Primitiven bei Laune zu halten, die von sich glauben, das Nonplusultra der Bildung zu sein. Wer ist wer in diesem Tohuwabohu am Ende der Zeit? Wir sind auf keinen Fall noch wir, denn auf unserer dunklen Rückseite tragen wir die Maske der Idiotie!

*

Idiotischer Maskenball

Maskenball bei den Vampiren –
die Spiegel werden abgehängt ...
Ob wir nun den Kopf verlieren,
ob man uns in Jacken zwängt,
das bleibt irr und relevant –
man ist außer Rand und Band!

In großen Sälen tobt der Mob,
alle wollen sich nur feiern –
ausgelassen, ohne Stopp.
Und die Instrumente leiern
eine Wahnsinns-Melodie:
„Sag niemals nie!“

Gegen Morgen ist das Treiben
abgeflacht, die Tänze müder –
gern würd' man noch tätig bleiben,
doch die ur-ur alten Lieder
klingen jetzt ganz abgeschmackt,
alle Kraft ist weggesackt.

Und beim ersten Morgenlicht
zerfällt dann alles bloß zu Staub –
setzt sich als die graue Schicht
auf den Möbeln ab, die taub
in den stillen Zimmern dösen.
Wer wird ihre Rätsel lösen?

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