Wahlweise wählerisch

Bild von Alf Glocker
Bibliothek

Immer wenn „Wahlen“ sind, wird es spannend auf der Welt. In den totalitären Staaten sucht man akribisch nach Umstürzlern und veranstaltet nach deren Auffindung Folterfestspiele in den Verwahrungskellern der Polizeigewalt. Dann ist die ganze Bevölkerung in Aufruhr. Manche Leute wollen zwar die Regierung nicht, aber sie wollen auch nicht Umstürzler sein. Manche wollen zwar Umstürzler sein, aber nicht im Regierungsauftrag gefoltert werden. Man kann es also in totalitären Staaten praktisch niemandem recht machen. Denn auch die Regierung ist ein bisschen unzufrieden, wenn ihr nach Auszählung des Wahlergebnisses, das sie zu 99,9% bestätigt hat, nachgesagt wird, es wäre geschummelt worden.

In Chaosstaaten, also solchen, in denen eine Ordnung entweder nur auf totalitärer Basis oder gar nicht herzustellen ist, gibt es vor den Wahlen die obligatorischen Bürgerkriege, in denen sich Stammesfürsten, Militäroffiziere, vom Ausland protegierte und/oder korrupte Beamte, aneinander messen. Wer hat die hinterhältigste Taktik auf Lager? Wer ist der brutalste Anführer von allen? Wer kann am besten lügen und wer möchte am reichsten werden? Nachdem diese Probleme nicht so leicht zu lösen sind, kann eine solche „Wahl“ in einem Chaosstaat länger dauern. Oft liegt am Ende dann die ganze Wirtschaft am Boden – sofern überhaupt jemals eine vorhanden war, und das Land zeigt sich nackt und bloß, reif für Einflussnahmen von außen. Die größten Geldgeber haben dann die lukrativsten Chancen, aus dem Quatsch einen anderen Quatsch zu machen, einen der wenigstens ihnen nützt.

Ganz anders geht es in einem modernen Staat zu – dort beneidet man die die Chaosstaaten und die totalitären um die abenteuerlichen Vorgänge, welche dort die „Wahlen“ zu begleiten pflegen. Der modere Staat dagegen bedient sich weit einfacherer Mittel, um innerhalb seiner „fließenden“ Grenzen etwas am Leben zu erhalten, was eher an eine schlammige Masse als an ein homogenes Ganzes erinnert. Versuche, die Redlichkeit dadurch nach außen zu kehren, indem man herauszufinden versucht, wer in den letzten Jahren am effizientesten versagt hat, sind sehr beliebt. Gewöhnlich werden diese Kandidaten – die größten Versager - dann zur Wahl aufgestellt und meist auch zum Präsidenten oder Kanzler gekürt, weil das Volk bei ihnen ganz einfach sicher weiß, daß es nichts Gutes zu erwarten hat. Das ist immerhin etwas!

Selbstverständlich würden die Parteibonzen eines modernen Staates am liebsten auch üble Nachrede üben, lügen was das Zeug hält, oder diejenigen wohl auch heimtückisch ermorden (lassen), von denen man annehmen muss, daß sie etwas zustande brächten, wenn man sie nur einmal in Ruhe arbeiten ließe. Aber das Volk würde ja selbstverständlich dabei nicht mitspielen. Denn die Völker der modernen Staaten achten für gewöhnlich auf Qualität und Zuverlässigkeit ihrer höchsten „Diener“ in einer Weise, die Verfehlungen einfach nicht zulässt. Wer das Volk eines modernen Staates, der sich ja auch noch „Rechtsstaat“ nennt, verrät, der hat nichts mehr von ihm zu erwarten! Er wird mit sofortiger Wirkung entlassen, oder, in besonders schweren Fällen des Amtsmissbrauchs, sogar eingesperrt, damit er keinen weiteren Schaden mehr anrichten kann. So ist es doch – oder habe ich jetzt wieder alles durcheinander gebracht??

Veröffentlicht / Quelle: 
auf anderen webseiten

Interne Verweise

Kommentare

16. Jan 2017

Erst, wer bewiesen hat, dass er's nicht kann -
Kommt dann als Staaten-Lenker dran ...

LG Axel

16. Jan 2017

Tolle Prognose. Da weiß man jedenfalls, auf was man sich einlässt. Sicher ist sicher...
LG Monika

16. Jan 2017

Harharr! Ihr habt's drauf! Das stimmt beides...

LG Alf