AU 2010 02 Sydney, Dolls Point - Page 2

Bild zeigt Willi Grigor
von Willi Grigor

Seiten

Brötchen und Kuchen zum Frühstück zu kaufen. Park und Strand waren so gut wie leer. Schöner Spaziergang zu Cooles und wieder zurück. Die vielen Kakadus machten einen Höllenlärm. Der Flugplatz ist ca. 5 km entfernt. Wenn der Wind aus der entsprechenden Richtung kam, sah man ständig startende und landende Flugplätze parallel zum Strand fliegen. Es sah aus als würden sie kollidieren aber sie hatten natürlich separate Landebahnen.

Die Versuche, den Wohnungsbesitzer John zu erreichen waren erfolglos. Wir gingen hinaus um die nähere Umgebung zu erkunden. Wir fanden ein kleineres Einkaufszentrum in der Nähe mit einem kleinen Lebensmittelgeschäft, einer Hähnchenbraterei, einem Pizzaladen und einer Bibliothek, wo man für eine geringe Gebühr ins Internet kommen konnte. In unserer Wohnung hatten wir keinen Computer.
Wir gingen zum Strand, der breit und sauber war. Die Putztruppe war schon früh hier, der Müll von gestern war weg und die kostenlosen elektrischen Grillstände waren gereinigt. Wir sahen richtige Luxusvillen ganz nahe am Strand. In Richtung Flugplatz sah man die Skyline Sydneys mit dem Fernsehturm und die Pylone der berühmten Harbour Bridge. Jetzt waren wieder Badegäste hier aber der Strand war viele Kilometer lang und man konnte allein sein wenn man möchte.
Am Abend machte ich ein Gericht aus geschnitzeltem Kotelett. Das Küchengeschirr war sehr dürftig und die Pfanne hatte einen runden Boden. Danach benutzten wir die Küche nicht mehr zum Bereiten von warmen Mahlzeiten.

Am nächsten Tag, es war Dienstag, der 26. Januar, war Australian Day, nach dem ANZAC Day der größte Feiertag in Australien. Bereits gegen 9 Uhr morgens strömten Familien auf den Platz, um die besten Plätze zu erwischen. Sie waren vollgepackt mit allem was man für ein langes Picknick braucht. Wir gingen hinaus und mischten uns unter die Leute, um uns alles genau anzuschauen.
Bereits am Vortag hatte man ein großes Zelt auf dem Parkgelände uns gegenüber aufgebaut. Hier erfolgte die feierliche Übergabe der Urkunden an die Personen (hier ca. 40), die das große Ziel erreicht hatten, Staatsbürger von Australien werden zu dürfen. Kommunale Größen dieses Vorortes von Sydney hielten Ansprachen. Dann schworen diese neuen Mitbürger den Treueeid und danach sang man die Nationalhymne. Es folgte Musik und Unterhaltung. Nach zwei Stunden war dieser offizielle Teil zu Ende und der Rest des Tages wurde ein einziges großes Familienfest. Das Wetter war wunderbar, der Strand war voll, die Leute hatten gute Laune, man spielte mit den Kindern und grillte an den vielen öffentlichen Grillplätzen. Viele hatten Bier und Wein dabei aber uns ist kein einziger Betrunkener aufgefallen. Wir waren leider nur Zuschauer bei dieser großen Party.

Es war ziemlich warm, das Meer ruhig und ich ging zum ersten Mal ins Wasser, das mindestens 25 Grad warm war. Am Abend sahen wir wieder etwas Tennis (Nadal verlor gegen Murray). Wir waren müde und gingen früh ins Bett.

Sydney City
Für den nächsten Tag hatten wir einen Besuch in Sydneys berühmtem Zentrum geplant.Wir nahmen den Bus 303 zum Circular Quay, das absolute Zentrum Sydneys mit allen Anschlüssen für Bahn, Bus und Schiff zur Erkundung Sydneys. Hier kannten wir uns aus. Rechts das weltberühmte Opernhaus, links die nicht minder berühmte Harbour Bridge´. Wir machten den unausweichlichen Spaziergang zum Opernhaus. Der überwältigende Eindruck des ersten Besuchs 2006 blieb aus. Arbeiter waren damit beschäftigt, die provisorischen Bauten anlässlich der gestrigen Australian-Day-Feier zu demontieren. Wir gingen ein Stück durch den riesigen botanischen Garten, zurück zum Circular Quay und kauften eine Fahrkarte nach Darling Harbour, wo wir 2006 wohnten. Wir hatten kein richtiges Ziel, wollten einfach das sehen, was wir schon kannten. Der Blick vom Schiff zurück auf die Harbour Bridge und das Opernhaus ist jedoch immer wieder phantastisch. Die gewölbten Dächer, gedeckt mit Kacheln aus Südschweden, ändern ihr Aussehen ständig, abhängig von Blickwinkel und Sonneneinstrahlung.

Aus dem geplanten (bereits bekannten) Rundgang im Darling Harbour wurde nichts. Direkt bei der Ankunft sahen wir das alte Segelschiff mit dem Namen "Endeavour". Ich wusste, dass Thomas Cook mit der Endeavour in den Jahren 1768-72 die erste seiner drei Südseereisen unternahm, bei der er u. a. als erster die Ostküste Australiens entdeckte und sie zu großen Teilen vermaß. Ich habe viel darüber gelesen und wurde sehr interessiert.
Es handelte sich also hier um einen getreuen Nachbau. Anlässlich des 200. Jubiläums der ersten Ansiedlung von Europäern in Australien wurde 1994 diese Replik der Endeavour in Dienst gestellt, die anschließend viele Häfen der berühmten Reise besuchte. Dieses berühmte Schiff hat auf seinen Fahrten in den letzten Jahren schon mehrmals die Erde umrundet und viele Städte besucht. Jetzt lag es also im alten Darling Harbour mitten in Sydney. Was für ein Glück wir hatten. Wir machten eine sehr interessante Führung durch dieses Schiff, das in allen Einzelheiten dem Original entsprechen soll. Es war eigentlich keine "Führung" im eigentlichen Sinne, sondern wir gingen über einen vorgegebenen "Weg" zu den verschiedenen Stellen des Schiffes wo jeweils eine kundige Person viel über diesen Bereich und das Leben der damaligen Besatzung zu erzählen wusste.

Die Endeavour, mit der James Cook und die übrigen 93 Besatzungsmitglieder fuhren, war ein umgebautes Kohlenschiff. Die Bequemlichkeit für die Besatzung hatte keine hohe Rangordnung. Um in den vorderen Bereich des Schiffes zu kommen, wo der Kapitän und einige andere Führungsleute ihre Kabinen hatten, mussten diese, wie wir jetzt auch, tief in die Knie gehen, weil die Decke mittschiffs so tief lag. Und diese Entdeckerreise dauerte wie gesagt fast 4 Jahre! Dabei hatte der Kapitän James Cook nicht einmal die beste Kabine. Die bekam der 25-jährige Joseph Banks, der an dieser Expedition teilnahm, um botanische Sammlungen anzulegen. Seine reiche Familie hatte viel Geld für seine Teilnahme bezahlt.
Bei dem Rundgang hatte man wirklich das Gefühl, dass die Besatzung jederzeit auftauchen könnte, da alle Räume entsprechend eingerichtet waren, bis ins letzte Detail.

Nach diesem unerwarteten und fabelhaften Schiffsbesuch machten wir eine Runde entlang der Kaimauer, erinnerten uns an unseren Besuch hier vor vier Jahren und kauften ein Eis von einem jungen Franzosen, der sich mit wechselnden Jobs seinen Australienaufenthalt verdiente. Danach nahmen wir wieder die Fähre zurück nach Circular Quay. Während wir auf den Bus zurück nach Dolls Point warteten, gönnten wir uns einen heißen Kaffee mit Kuchen.

Jetzt hatten wir noch drei Tage bis zur Weiterreise nach Canberra am Sonntag. Diese verbrachten wir ganz entspannt mit Spaziergängen am Strand, baden im Meer, anschauen von Luxus-Häusern in Strandlage (von außen) und lesen.

Ich fand ein Buch im Bücherschrank, das mich interessierte: die Autobiographie von Richard Branson, ein charismatischer Milliardär und Ballonflugabenteurer. Als 20-jähriger ohne abgeschlossene Schulausbildung gründete er eine Postorder-Firma für Schallplatten und besitzt heute die weltumspannende Virgin-Group (u. a. Fluggesellschaften). Das Buch beschreibt sehr unterhaltsam und kurzweilig sein Leben (seine Erfolge und Misserfolge) im privaten, geschäftlichen und abenteuerlichen Bereich. Ich schaffte es aber leider nicht, es bis zu unserer Abreise auszulesen, es war wohl auch der englische Text, der etwas bremste. Durch einen glücklichen Zufall bekam ich aber bald darauf in Canberra die Möglichkeit, diese Biographie zu Ende zu lesen.

Am Freitag, den 29. Januar, machte ich meinen letzten und auch längsten Spaziergang hier am Sandstrand in Richtung City. Ich ging fast bis an die 5 km entfernten Landebahnen des Flughafens, die weit in die Botany Bucht hineingebaut sind. Ich machte viele unnötige Bilder, auch in Bauchlage um neue Winkel zu bekommen. Dabei muss Sand in die Kamera gelangt sein. Auf alle Fälle war sie nicht mehr anwendbar.
Am Nachmittag wollten wir ein Taxi zum Busbahnhof am Flughafen für den nächsten Tag bestellen, fanden aber kein Telefonbuch in der Wohnung. Wir machten doch noch einen Besuch bei "Steve‘s cafe" gegenüber und bekamen dort die Nummer.

Am Samstag gleich nach dem Aufstehen machten wir Wohnungsputz. Unser Wohnungsbesitzer hat sich immer noch nicht gemeldet. Wir hinterließen ein kleines Dankschreiben für den Wohnungstausch. Trotz des ersten etwas unharmonischen Tages hatten wir das Gefühl, eine gute Woche hier verbracht zu haben.

Um 11:00 Uhr, waren wir reiseklar, das Taxi war für 12:30 Uhr bestellt. Wir riefen unsere Tauschpartner Leon und Kate in Canberra an und unterhielten uns ein bisschen. Gegen 17 Uhr werden wir mit dem Bus in Canberra eintreffen. Leon wird uns am Busbahnhof abholen. Ich rief die Taxizentrale an und fragte, ob sie uns noch auf der Liste haben. Natürlich, das Taxi wird pünktlich kommen!
12:15 Uhr standen wir mit unseren Koffern vor dem Haus. Dort trafen wir die nette alte Dame, die uns bei unserer Ankunft half das Alarmsignal abzuschalten. Erst jetzt, kurz vor der Abreise sahen wir sie zum zweiten Mal, obwohl sie in der Wohnung über uns wohnte. Sie verabschiedete ihr Kind und Enkelkind. Wir sprachen miteinander bis das Taxi kam.

Sowohl das Taxi als auch der Fahrer waren jünger und freundlicher als bei unserer Ankunft vor einer Woche. Es war Samstag und wenig Verkehr. Doch schon nach kurzer Zeit kamen auch diesmal Schwaden aus der Klimaanlage. Der Fahrer blieb aber cool, zu wenig Wasser im System, meinte er. Er hielt an der nächsten Tankstelle und füllte ca. 10 Liter nach. Er fuhr uns zum Inlandsterminal am Flugplatz. Wir fuhren an dem Taxistand vorbei, wo bei unserer Ankunft das beschriebene kontrollierte Chaos herrschte. Jetzt war hier alles leer. Bis zur Ankunft des Greyhound-Busses zur Hauptstadt Canberra hatten wir noch etwas Zeit. In zwei Wochen werden wir in diesem Terminal für Inlandflüge ankommen. Die Zeit bis zum Weiterflug nach Auckland in Neuseeland war ziemlich kurz. Wir erkundigten uns also, wie wir am schnellsten zum Terminal für Auslandsflüge kämen. Es war gut, dass wir dies taten. Es galt, zum richtigen Schalter zu gehen, dann zum richtigen Bus, abhängig mit welcher Fluglinie man flog. Ohne diese Vorbildung hätten wir wohl Probleme bekommen. Die Kontrollen bei Auslandsflügen brauchen Zeit.

Der Greyhound-Bus kam pünktlich. Bis nach Canberra sind es ca. 250 km. Man fährt in Richtung Landesinnere. Die Landschaft ändert sich schnell. Es wird hügelig mit kargem Bewuchs und die Besiedelung nimmt fast schlagartig ab. Auf dieser Autobahn ist wenig Verkehr, die meisten, die in diese etwas abseits gelegene Hauptstadt wollen, nehmen das Flugzeug. Wir genossen aber diese entspannte Non-Stop-Busreise durch diesen Teil Australiens etwas abseits des relativ dichtbesiedelten Küstenstreifens. Erst ganz kurz vor Canberra sahen wir wieder Wohnsiedlungen.
Gegen 17 Uhr bog der Fahrer in den Busbahnhof ein. Wir stiegen aus und gingen in die Ankunfthalle. Dort sahen wir schon Leon Norgate auf uns zukommen. Wir erkannten ihn sofort, er und seine Frau Kate waren ja bereits im September 2009 für zwei Wochen bei uns in Åmål.
***
An einem Abend in Sydney

Ich ging durch die nachtdunkle Straße,
in Sydney irgendwo.
Ein Mann kam mit federnden Schritten
gradewegs auf mich zu.
Wir standen eine ganze Weile,
er sprach, ich hörte zu.
Zum Schluss sagt´ er laut: "My old fellow,
excuse me, I like you.
At Darling Harbour tomorrow,
at Dockside, I´ll meet you again."

Ich dankte und ging denkend weiter..
Ich habe ihn nie mehr gesehn.

***

Seiten

© Willi Grigor, 2010 (Rev. 2016)

Über die ersten zwei turbulenten Stunden nach der Landung lesen Sie hier:
literatpro.de/prosa/010318/ungemuetlicher-empfang-in-sydney

Prosa in Kategorie: 
Thema / Klassifikation: