Irgendwie auch Weihnachten

Bild von Angelika Zädow
Bibliothek

Ein kleiner Tisch mitten in der Atelierwerkstatt. Unzählige bunte Klekse auf der Tischplatte. Farbpaletten, Pinsel in verschiedenen Größen, Spachtel und Papierfetzen stapeln sich.
An einer Ecke sitzt Sabrina auf dem Drehhocker. Sie schaut auf das kleine schwarz-weiß Bild vor sich. Das erste Bild von dem kleinen Leben, das in ihr wächst. Sabrina seufzt.
Wie sollte sie das ihrem Sebastian beibringen? „Ich bin noch nicht bereit für ein Kind“, hatte der gesagt. „Überleg doch mal, wir sind beide selbständig. Und Künstler noch dazu. Bis wir auf dem Markt Fuß gefasst haben, dass wir Kindern ein sorgenfreies Zuhause geben können, hm, das dauert sicher noch ein paar Jahre. Lass uns noch warten.“ Gerade gestern hatten sie wieder miteinander diskutiert.

Ihr Sebastian! Am liebsten war er mit ihr oder seinen Kumpels unterwegs. Fast immer gut drauf und hatte einen unbändigen Hunger nach neuen Eindrücken. Sabrina grinst: da waren sie beide sich total ähnlich, dem Hunger nach neuen Eindrücken, nach Inspiration, nach Entdeckung! Was sicher auch an ihrem Beruf lag: Grafik, Malerei, Skulptur - das war ihre gemeinsame Leidenschaft.
„Künstler brauchen neue Eindrücke“, denkt sie. Und schaut auf buntbeklecksten Tisch. Und auf das Foto. Ein neuer Eindruck auf dem alten Tisch - und was für einer.

Sabrina steht auf. Klemmt das Foto links oben an die Staffelei. Zieht den Pinsel großflächig über das Papier. Schwarz, weiß, grau überträgt sie das Foto auf die Leinwand.
Tritt drei Schritte zurück, kneift ein Auge zu, hält den Kopf ein wenig schief.
Entschlossen greift sie zur Farbe. Rot, blau, gelb, grün, lila, rosa in immer neuen Mischungen und Kombinationen übermalt sie die schwarz-weißen Konturen. Wieder und wieder taucht der Pinsel in die Farbe, wischt der Spachtel Formen ineinander, betrachtet Sabrina das Entstehende aus der Entfernung, malt hier und da etwas nach.

Es dämmert schon als sie sich schließlich zufrieden mit dem Handrücken über die Stirn wischt.
„So viel zu neuen Eindrücken“, murmelt sie vor sich hin.

„Hi Süße“, Sebastian drückt ihr einen Kuss auf die Backe. „Fleißig gewesen?“

Sabrina deutet auf die Staffelei: „Heihei! Wie cool ist das denn?!“ Sebastian betrachtet das Bild aus der Ferne.

„Hat Schwung, find` ich. Und Dynamik. Und Freude. Spricht mich an. Können wir für die nächste Ausstellung nehmen oder?“

Sabrina zeigt wieder auf die Staffelei - nach links oben.

„Das ist ne Gemeinschaftsproduktion, glaub ich mit Ausstellung live und in Farbe“

„Hä?“ macht Sebastian. Er geht näher an das Bild. Sieht das Foto, das oben klemmt. Nimmt es ab. Schaut es an. Schaut zu Sabrina.

„Du meinst `ne Ausstellung hier? Zwischen Farben und Spachteln und Pinseln und Leinwänden?“

Sabrina schluckt: „so ähnlich“

Sebastian schweigt.

Er betrachtet das große Bild.

Dann lächelt er, nein, er strahlt: „Das wird dynamisch und schwungvoll“

Und nimmt seine Sabrina und tanzt mit ihr durch die Werkstatt.

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Kommentare

24. Dez 2017

;) Dir auch schöne Weihnachten - ob schwanger oder nicht :)
Liebe Grüße!
Angelika