Nach nahezu 2000 Jahren haben sich jetzt endlich die Kirchen auf eine fundamentale Reform zu einigen beschlossen, um sich dem Zeitgeist restlos anzupassen. Schon lange ist bekannt, daß sich die Namen der Kathedralen, Basiliken und Kapellen nicht mehr für eine zeitgemäße Berichterstattung (im Falle von großen Predigten) eignen. Dem soll nun schleunigst wirksame Abhilfe geschaffen werden, da das Christentum nunmehr von sogenannten „moderneren Religionen“ überflügelt zu werden droht, die sich den überall herrschenden Globalisierungstendenzen besser angepasst zu haben scheinen.
„Wir können nicht zulassen, ständig nur durch eher sexuell motivierte Amtshandlungen aufzufallen, in die Klatschpresse zu geraten, während andere, mächtige Glaubensströmungen die Öffentlichkeit durch wesentlich werbewirksamere Anschläge auf die öffentliche Ordnung eindeutig die Vormachtstellung erringen“, sagte kürzlich der Abt-eilungsleiter des Klosters Ältringen an der Neust, womit er gleichzeitig zu einem reformierten Umgang mit hergebrachten Glaubenswerten aufrief: „Jeder möge sich daran beteiligen!“
Die ersten Vorschläge dazu wurden von den Frauenrechtsorganisationen gemacht, die Notre Dame in St. Lillith Kathedrale umgetauft sehen wollten. Nachdem jedoch führende Imame und Mullahs – aus moralischen Gründen – dagegen massiven Einspruch erhoben hatten, wurde dieser Vorschlag von maßgeblichen römischen Dienststellen wieder ängstlich verworfen. Auch Kirche der Eva oder Adam und Evas Kathedrale eigne sich nicht für einen friedlichen Umgang mit anderen Religionen – und das, obwohl es doch auch Tempel für die Göttin des Todes und der Zerstörung, Kali, gebe, gegen die Eva geradezu harmlos erscheint.
Auch die Umbenennung europäisch-religiöser Bauten mit Pflanzennamen schien den Kirchenoberen wenig sinnvoll zu sein – waren es doch gerade die Kirchenmänner gewesen, die an vorderster Front für die demonstrative Abholzung heiliger Bäume gesorgt hatten. Namen wie St. Yggdrasil, oder „Zur hl. Eiche“ mussten demnach fallen gelassen werden. Und einfach alle klerikalen Bauten in „Himmelstempel“ umzubenennen, war den Herren des Klerus in allen christlichen Zentren nicht phantasievoll genug, obwohl doch viele der vor allem alten Gebäude dieser würdevollen Umschreibung recht nahe kamen.
Ihre Pracht war schließlich geradezu umwerfend. Jeder, der sie besucht hatte, musste das zugeben. Aber eine Reform war dringend nötig geworden. Daran kam man einfach nicht mehr vorbei! Was also tun? Die Lösung war schließlich einfach gewesen. Nicht langes Nachdenken bringt meistens den größten Erfolg – und so verfuhr man denn schließlich auch … und nahm sich einfach ein Beispiel: Die hohen Dome und eindrucksvollen Tempel der Christenheit sollten nun, gemäß einem vorhandenen Beispiel, die Namen der größten Eroberer bekommen. Das Vorbild hierzu war der immer beliebter werdende Islam gewesen.
Er brauchte keine Heiligen für seine Moscheen. Er handelte und dachte nach anderen, wesentlich praktischeren Vorgaben: Wer für den Glauben gesiegt hatte, der wurde ausersehen, seinen ehrwürdigen Namen für ein Gotteshaus zu spenden, damit, in alle Ewigkeit, seiner Dienste für Allah gedacht werden konnte. Nahezu alle islamischen Gotteshäuser sind nach Eroberern benannt. So können sich die Gläubigen am besten ein gutes Beispiel nehmen, welche guten Taten von „oben“ gefordert werden.
Aus diesem kühlen Grunde wird also der Kölner Dom bald „Tilly-Kathedrale“ heißen, das Ulmer Münster „Gustav-Adolf-Kirche“ und das frühere Kirchlein zur hl. Afra, auf dem Lechfeld bei Augsburg „Wallenstein-Kapelle“. Dabei hatten es sich die Verantwortlichen wahrlich nicht leicht gemacht. Zuerst musste schließlich herausgefunden werden, welcher der Herren der größte Eroberer war. Durch wen waren denn die meisten Leute umgekommen? In dieser Hinsicht ist die Geschichtsschreibung ja oft einmal fehlerhaft, so leid es ihr nicht tut.
Doch es gibt Denkhilfen und Brücken, über die selbst der größte Esel gehen kann, ohne sich den Kopf zu zerbrechen – das Bein, auf dem der Mensch am schlechtesten geht. Und deshalb bekam, was Deutschland anbetrifft, Tilly den Zuschlag für die Namensspende, an die größte Kathedrale im Land. Von ihm wusste man zuverlässig, daß er – aus seiner Sicht –, durch die völlige Zerstörung Magdeburgs die meisten „Ungläubigen“ umgebracht hatte. So holte ihn der wohlverdiente Ruhm nun endlich, wenn auch erst im 21. Jahrhundert, ein.