Bleib bei mir

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von Anita Zöhrer

Ein kalter Wind blies mir ins Gesicht. Ich fror. Die niedrigen Temperaturen hatte ich völlig unterschätzt und mich ohne eine Jacke auf einen Spaziergang gemacht. Ich verschränkte meine Arme und versuchte, mich warm zu reiben, als plötzlich jemand eine Jacke um mich legte. Erschrocken wandte ich mich um.

Der Anblick eines Mannes erschütterte mich; noch nie hatte ich in zwei so kummervolle Augen gesehen. Er lebte auf der Straße; seine schmutzige Kleidung ließ keinerlei Zweifel daran. Kein Wort sprach er, nur ein Lächeln schenkte er mir zum Abschied.

„Warte!“
An seinem Oberarm hielt ich ihn zurück, als er kehrt machte; wollte nicht, dass er ging. Zwar mied ich sonst so verwahrloste Fremde wie ihn, aber er war etwas ganz Besonderes, ich spürte es von Anfang an.

Abgemagert wie er war, hatte er bestimmt Hunger, weshalb ich ihn mit nach Hause nahm und ihm eine warme Mahlzeit zubereitete. Während ich kochte, gönnte er sich im Badezimmer ein Bad. Mit Klamotten, die ich für ihn aus meinem Kleiderschrank gesucht hatte und mir ohnehin viel zu groß waren, kehrte er schließlich zurück. Er war hübsch, ich konnte es nicht leugnen. Zu keinen Menschen hatte ich mich jemals so hingezogen gefühlt wie zu ihm.

Stunden später stand er am Fenster und beobachtete traurig ein Pärchen, das die Straße entlang ging. Er sehnte sich nach Liebe und Zuneigung, offenbar nicht weniger als ich. Ich schmiegte mich an ihn und drückte seine Hand; nichts mehr wünschte ich mir, als dass er bei mir blieb.

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