Der beginnende Wahnsinn in 365 Schritten

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120. Schritt

Wie befreit man sich aus einem Joch? Mit Geld! Woher bekommt man das Geld? „Arbeit macht frei!“ Oder auch nicht… Wenn man nämlich für seine Arbeit kein Geld bekommt, dann wird man nicht frei von einem Joch, egal wie viel man auch arbeitet. Man ist der Arsch! Der Tagesarsch, der Wochenarsch, der Monatsarsch, der Jahresarsch, der Arsch für Jahrzehnte, der Arsch für ein ganzes Leben, wenn’s sein muss.

Und es gibt Leute, bei denen muss das sein – bei mir zum Beispiel! Keine Anstrengung, keine Idee, kein Ernst und kein Witz haben mir jemals dazu verholfen so viel Geld zu bekommen, daß die Arbeit mich frei gemacht hat, denn ich bin der Held des Jahrhunderts, jedes Jahrhunderts, in welchem ich auch gerade stecke!

Und wie ist das zu erklären? Mit Vernunft? Kaum! Aber mit List! Mit ihr kann man alles erklären und gleich noch dazu was einer falsch gemacht hat, der durch seine Arbeit einfach nicht frei geworden ist, durch keine Arbeit – egal welche! Das macht aber nichts, denn es gibt ja kein Schicksal, kein Komplott der Götter, keine feststehende Zukunft, nein! Das eine - das Götter-Komplott - ist pure Einbildung und das andere - die Zukunft - muss ja nur erreicht werden, dann steht es nicht nur einfach herum, sondern beginnt, mir nichts dir nichts und wird von selber gut. Nein, natürlich durch die Arbeit, die bekanntlich frei macht.

Machen wir uns schon mal frei: Brust waschen zum Erschießen! Das Kommando hat zwar gerade keine Zeit, aber das kriegen wir auch noch. Schließlich haben wir noch alles auf die Reihe gekriegt. Und warum auch nicht?! Wir sind doch schlaue Kerlchen, wir brauchen uns nur etwas wünschen und so tun, als wäre es wurscht ob ein reicher durch ein Nadelöhr geht oder nicht, dann kommen die Kamele in Schwung und tragen uns säckeweise die Dukaten herein – direkt auf den Tisch des Hauses, was sag ich?! – ins Bett, samt der schönen Prinzessin, die sich, reinen Herzens in alles verliebt, was nicht bis 3 auf’m Arbeitsbaum ist.

Und dann? Dann fängt das „richtige“ Leben an, so eins mit Schmackes, einer guten Zigarre, mit endlosen Dienstjahren, mit großen Aufgaben, mit allem was ein Mann braucht um was zu haben, damit er was ist: dämlich vor allem. Denn sonst hätte er wahrscheinlich, nein, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit längst bemerkt, daß dies eine Märchenstunde ist. Was? Nein, nicht diese Episode auf dem Weg in den Wahnsinn über so kluge Sprüche, wie „Arbeit macht frei“, oder auch „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“. Die Arbeit macht nämlich gar nicht frei und wer beizeiten spart, der sorgt dafür, daß es ein Schlauerer einfach klauen kann. Egal wie.

Das macht tatsächlich frei! Sei so frei und nimm dir gerade so viele Freiheiten wie du brauchst um andere übervorteilen zu können. Die dürfen dann arbeiten so viel sie wollen. Das macht sie nur attraktiver für solche Leute die Sprüche erfinden, wie „Arbeit macht frei“. Und wenn sie dich dann bestohlen haben, dann erzählen sie dir einen vom Pferd. Denn sie stehen im Dienst eines großen Zampanos aus der Trickkiste, der dich umhaut, wenn du nicht brav gewesen bist. Also hör‘ auf die immer gleichen Ammenmärchen im immer neuen Gewand, sie helfen dir leben. Aber Geld, sprich Freiheit, bringen sie dir nicht!

©Alf Glocker

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Kommentare

09. Mai 2015

Dass Freiheit auch noch Arbeit macht –
Daran – hat man nie gedacht…

LG Axel

10. Mai 2015

sie macht, sie macht!

LG Alf