Die Party

Bild von Anita Zöhrer
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Das Licht der Straßenlaternen schimmerte im Wasser. Ich legte mich auf die sanften Wellen des Flusses und ließ mich von ihnen tragen, hinfort an einen Ort, der keine Träne mehr kannte. Vielleicht wartete dort sogar jemand auf mich. Jemand, dem ich mehr bedeutete als meinem Freund.

Zwei Arme umschlossen mich von hinten. Ich zuckte erschrocken zusammen. Mein Freund lachte und drückte mir einen Kuss auf die Wange. Ich wandte mich von ihm ab.
„Nun sei nicht so kindisch“, verhöhnte mein Freund mich und zog mich an seiner Hand mit sich. Wieder ließ ich es mir gefallen. Anstatt die Realität zu ändern, lief ich ständig nur vor ihr davon.

Ich war nicht die Einzige, die mein Freund liebte – es war kein Geheimnis. Trotzdem blieb ich an seiner Seite, erduldete es sogar, wenn er seine Liebschaften mit nach Hause brachte.
Ich sei naiv, warf mein Freundeskreis mir vor, warum ich mir das antat, konnte niemand verstehen. Am wenigsten ich.

Laute Musik und Gekreische kündeten von einer wilden Party in der Wohnung meines Freundes. Alkohol und Drogen waren massenhaft im Umlauf; ich war die Einzige, die von all dem ihre Finger ließ.
Lange blieb ich standhaft, obwohl ich mich in der Runde nicht wohl fühlte. Ich mochte die Leute, sie waren meine Freunde, doch es schmerzte mich, zu sehen, wie sie sich so gehen ließen. Sie hatten so viel Potenzial, um etwas in ihrem Leben zu erreichen, aber sie warfen es einfach weg. Ich konnte es gut nachvollziehen. Ich wusste oft ja selbst nicht mehr, wie ich mit dieser Welt zurechtkommen sollte.

Auch mir bot mein Freund mehrmals von seinen Drogen und seinem Bier an. Jedes Mal lehnte ich ab, auch wenn die Versuchung groß war; nahm es stattdessen in Kauf, dass er sich anschließend einer seiner Liebschaften zuwandte. Hätte er mir ein Messer in die Brust gerammt, hätte er mir bei weitem nicht so viel Schmerz zugefügt, wie mich mitansehen zu lassen, wie er sie begehrte. Ich ging ans Fenster, wollte mir das nicht länger antun, als ich auf dem Parkplatz ein Polizeiauto entdeckte.
Ich versuchte, die anderen zu warnen, doch niemand hörte mir zu. So überließ ich sie mitsamt meinem Freund ihrem Schicksal und lief aus der Wohnung; begegnete im Stiegenhaus zwei Polizisten. Gerade noch rechtzeitig hatte ich die Flucht ergriffen.

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