Dort, wo ich ihn liebe …

Bild von Soléa
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Herbst ist's. Ruhe kehrt allmählich ein,
mein Baum, bei mir, im Herzen daheim –
denn dort, wo er steht und ich ihn liebe,
wird schon bald die Nacktheit siegen.
Dann streifen knöcherne Arme mich,
an Leib und Seele, im Gesicht,
rauschend er, zu mir und nur zu mir, spricht.

Hör ihm zu, wie eh und je –
fortwährend hat er was zu sagen.
Nur im Winter und tiefen Schnee,
wenn seine Äste an Gewicht tragen,
hält er inne und schweigt still –
und einfach nicht mit mir reden will.

Ich gönne ihm diese Pause.
Scheintot ist er, sammelt Kraft.
Schmiege mich zärtlich an seinen Stamm –
der mich noch immer stützen kann.

Lasse alle Schüchternheit fallen
und drück ihn fest an meine Brust.
Flüstere in seine geritzten Wunden,
dass ich ihn schon sehr vermiss.

Seine Kräfte fließen durch mich,
er und ich sind eins.
Niemals hat er mich enttäuscht –
und niemals ließ er mich allein.

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Kommentare

02. Okt 2018

Die Verehrung für (D)einen Baum, den Du mit Dir eigenen Worten so schön bedichtet hast, verstehe ich, liebe Soléa, meine Baumfreundin ist eine 300 Jahre alte Eiche, sie wächst im Reinhardswald, einmal im Jahr besuche ich sie, immer im Herbst, wenn sich die Blätter gelöst haben und ich ihren schönen Wuchs erkenne, sie lässt sich streicheln und hört mir zu ...

liebe Grüße - Marie

03. Okt 2018

Liebe Marie, das kann ich so gut Nachempfinden, es ist wie heimkommen. Wenn ich „meinen Freund“ sehe, bekomme ich Herzklopfen, zu viel habe ich unter ihm erlebt. Der Baum auf dem Bild ist DER Baum. Da er zu Fuß erreichbar ist, kann ich ihn Gott Lob, oft besuchen …

Liebe naturbelassene Grüße zu dir
Soléa

02. Okt 2018

Hallo Solea , für mich persönlich ist dies dein allerschönstes Gedicht, sowohl vom Thema als auch vom Wortlaut als auch von der gesamten Ausführung her. Wie Marie und auch du habe auch ich einen ganz besonderen Baum. Einen Baumfreund- um bei Maries Wortlaut zu bleiben. Ich umarme ihn stets wenn ich an ihm vorbeikomme. Für mich war es schon als Kind klar , dass man durch Baumkontakt deren unglaubliche Kräfte aufnehmen kann. Sei es durch direkten Körperkontakt zum Baum oder durch Meditation.

Ein ganz tolles Gedicht ist dir da ( mal wieder) gelungen
liebe Grüße
Anouk

03. Okt 2018

Danke und du hast recht, liebe Anouk, so ein großer Kerl gibt Kraft und Seelenfrieden. Meine beiden Kinder und ich verbrachten schon viel Zeit mit ihm. Er war/ist unser Picknickplatz und war Klettergerüst. Es ist wunderbar, wenn ich heute, oft mit meiner Tochter gemeinsam, zu ihm gehe, wir schwelgen in Erinnerungen, den Guten den schmerzlichen, lassen die Zeit Revue passieren, werden sentimental und dankbar.

Viele liebe Grüße
Soléa

02. Okt 2018

Bäume sind fast so schön wie manche Träume ...
Grün und wild eröffnen sie uns neue Räume
Im Leben bereits gen Himmel zu streben
Ist wahrlich kein Lotterleben
Fein, dass dein lieber Baum noch lebt
Und mit Dir so schöne Gedichte webt.

Liebe Grüße,
Annelie

03. Okt 2018

„Mein Freund der Baum“ auch oft besungen,
ist gut für Geist, Herz die Lungen.
Ist Freund, auf den man sich verlassen kann
und steht ganz hoch im Rang …

Liebe Grüße
Soléa

02. Okt 2018

Dass Bäume Lebe-Wesen sind,
Das erfährt man hier geschwind!

LG Axel

03. Okt 2018

Die Krause hat bestimmt auch ’nen Baum,
zudem sie bewundernd kann aufschauen …

Liebe Grüße
Soléa

03. Okt 2018

Ja - doch beide sind gleich groß!
(Natürlich 'ne BLAU-Tanne bloß ...)

LG Axel

02. Okt 2018

Soléa, nicht zufällig erinnere ich beim Lesen deines Gedichts ein Zitat von Morgenstern:
"Nichts ist für mich mehr Abbild der Welt und des Lebens als der Baum. Vor ihm würde ich täglich nachdenken, vor ihm und über ihn."
Und an anderer Stelle (aus dem Gedächtnis zitiert) schrieb er: "Wenn ich einen Baum nicht seit frühester Kindheit kennte, würde ich über das Wunder Baum verrückt."
Das gefiel mir wie dein Gedicht itzo.
LG Uwe

03. Okt 2018

Da hat „Morgenstern“ wahr geschrieben, das Wunder Baum ist wunderbar!!!
Was bedeutet „itzo“ lieber Uwe?

Viele Grüße
Soléa

03. Okt 2018

HUHU! Frau Soléa! Hier is KRAUSE!
Englarts janz juta Jeist im Hause!
"Itzo" meent "Jetzt" - alt ausjedrückt!
(Die Rechnung kricht ENGLART! Jeschickt!)

jez. Bertha Krause!
(EinheiZ-Bier-Tach-Pause!)

03. Okt 2018

Axel, aber ich bekomme Provision!!

03. Okt 2018

Teilen ist nicht Krauses Ding!
(Im AUSteilen ist die der King ...)

03. Okt 2018

Da danke ich sehr, Frau Krause,
falls sie heute sind zu Hause.
Auch den beiden Männer sage ich Dank,
an alter Sprache ist doch was dran.
Und auch die Rechnung ist kein Problem,
mit der Post wird die schon verloren gehen …

Liebe Grüße
Soléa

03. Okt 2018

Das mit der Post ist witzig, Soléa, aber eigentlich traurig. Auch das war einst ganz anders, als Antoine de Saint-Exupéry noch für sie flog...

04. Okt 2018

Tja, früher war alles langsamer, aber, wie man sagt, vieles besser.
Heute geht alles schneller, dafür vieles schlechter …

Hab einen schönen Tag!
Soléa

03. Okt 2018

Das weiß ich itzo gleich, lieb Soléa, es ist ein Adverb, hihi! Also, itzo ausnahmsweise mal aufgepasst, Soléa!:

Worttrennung: it·zo
Aussprache: IPA: [ˈɪʦo
Bedeutung: jetzt

Ich mag die veralteten Worte sehr, die sind traurig über unser Vergessen.