Ich war ein Kind, so fünf, sechs Jahre
- vielleicht war alles nur ein Traum -
Meine Mutter, die wunderbare,
erzählte mir von einem Baum:
"Es war im Land, wo wir einst wohnten,
die Linde stand am *Küchenhaus.
Und jedes Jahr die Blüten thronten
ganz dicht an dicht, so Strauß an Strauß.
Ich spürte oft die raue Rinde
ganz zart an meiner Mädchenhand.
Man nannte sie 'Die schöne Linde',
ein Irgendetwas uns verband.
Mein Kind, ich musst mich von ihr scheiden,
das Schicksal trieb uns aus dem Land.
Wer hatt' es besser von uns beiden..?
Ein Baum verlässt nur tot sein Land."
* Ein kleines, einfaches Häuschen, das im Sommer als Küche und Schlafstätte benutzt wurde.
© Willi Grigor, 2016
Aus dem Leben
Kommentare
.. verlässt nur tot sein Land.
Dein Gedicht stimmt mich sehr nachdenklich, lieberWilli.
Liebe Grüße, Susanna
Mich auch, liebe Susanna, nachdem die letzte Zeile sich so eindringlich aufgedrängt hatte.
Viele Grüße
Willi
Alles hängt mit allem zusammen.
LG
Willi
Ich hätte spontan "eindrucksvolle Zeilen" schreiben wollen - aber wie flach klingt das für die reiche Gefühlspalette, die du mit deinem eindringlichen Gedicht transportierst ...!
Danke, das sind schöne Worte!