Seelenhaus

Bild von Angélique Duvier
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Ich stehe vor dem Haus aus Glas
und möchte gern hinein.
Draußen ist es regennass.
Ich klopfe, bitte lasst mich ein,
ich würde gern ihr Gast heut sein.
Was willst du denn von mir,
geh weg, ich dulde niemanden
hier, vor meiner gläsernen Tür.
Es ist so kalt und auch so nass,
es regnet ohne Unterlass.
Nein, ich lasse dich nicht rein,
es regnet, ja und es ist kalt,
doch wirst du nicht aus Zucker sein.
Du bist noch jung und noch nicht alt,
ich lasse dich bestimmt nicht rein.
Ich schaue in das Haus hinein,
doch sehe ich überall
nur glänzend schimmerndes Kristall.
Bitte lassen Sie mich ein,
es ist doch kein Überfall.
Man sagt, Glas soll zerbrechlich sein.
Dieses nicht, du kommst nicht rein.
Glas wird immer gläsern sein.
Warum öffnen Sie mir nicht?
Ich werfe einen Stein hinein.
Werfe, bis dein Haus zerbricht.
Du willst mein Haus zerstören?
Zerstörst du es, zerstörst du mich.
Dann mach doch auf und komm heraus.
Ich kann mein Haus nicht öffnen,
da es meine Seele birgt,
denn dieses zarte kleine Heim,
gehört einzig mir allein,
es ist mein kleines Seelenhaus
und du, du lockst mich nicht heraus.

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Text und Rezitation:Angélique Duvier, Sound:Vladyslav Sendecki