Die Galgenfrist

Du gehst wie ein Schatten durch deine Gemächer
und neben dir, da geht dein ureigener Fluch …
Du stinkst dir, doch du hast einen Fächer –
damit vertreibst du den penetranten Geruch!

Überall riecht es nach grässlichem Scheitern –
du bist verzweifelt, denn das ist dein Leben.
Du hattest versucht, den Horizont zu erweitern,
aber unnütz, vergeblich, war stets dein Bestreben!

Nun hast du erkannt, daß nichts ist wie es scheint.
Die Wahrheit steht fest und doch gibt es sie nicht.
Mit dieser Welt hier ist sie niemals vereint …
denn alles ist eine Lüge – und die hat kein Gesicht!

Überhaupt nichts ist greifbar, berechenbar, echt!
Was wirklich Sache ist, darf niemand erwähnen.
Das Schlechte ist gut und das Gute ist schlecht –
und zwar egal, wie sehr wir uns danach sehnen …

einmal in Frieden und sorglos zu existieren,
unsere Angelegenheiten in Ordnung zu bringen.
Die Angst, demnächst alles noch zu verlieren,
ist drauf und dran, uns in harte Fesseln zwingen.

Es ist, als wäre jeder nur ein Niemand vor Gott,
vor diesem Schicksal, das immer nur willkürlich ist.
Wir gehen als Schatten, in dem täglichen Trott,
und uns bedroht – abscheulich – die Galgenfrist!

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