die Kater-Akte

Bild von Dirk Tilsner
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Fragte einst ein weiser König seinen Kater, das Orakel
– jenes plagten schon seit Jahren rabiate Katarakte –
ob denn wohl sein liebes Volk trotz Katastrophen und Debakel
ihm noch immer treu gesonnen und gehorsam sei.

„Aber sicher! Ganz gewiss!“ rief da die Maus, die beim Gelage
auf der Tafel saß, sie hatte dort als frommer Kardinal
(fug- und rechtlich als Tentakel seines Herrn) bei jeder Klage
stets den König im Visier, und dessen Bestie, klar!

„Tja, die Massen, werter Prasser, packt die Angst, die zitter-nackte,
vor der Maus, von der man glaubt, sie sei ein grau verkappter Löwe“,
sann der Kater, dem nun radikal das Schläfenbeinchen knackte:
„Gleicht sie nicht in ihrer Größe … eh‘ dem Elefanten?“

Oh! Wie zauberhaft beschienen war der Heilige! Er machte
sich im Schwanzumdrehn zum Rüsseltier. Was für ein ein Akt! Spektakel
wär‘s geworden, wenn‘s nicht plötzlich (und gleich zweimal!) kräftig krachte
aus dem alten Karabiner … bleich wie Kreide BEIDE!

„Miau, miau! Als kleinen Nager hätt ich diesen NIE getroffen!“
rieb der Kater sich behaglich seine eingetrübten Linsen.
Zog erfahren Lump und Teufel ihre Haut ab. „Lasst uns hoffen,
dass das Leder auch für neunundneunzig Stiefel reicht“.

aus der Anthologie des Ulrich-Grasnick Wettbewerbs 2020 - Saatkorn sein, zwischen Mühlsteinen

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