Meiner Frauen roter Mund

Bild von Toni Schwabe
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Nach einem Liedchen aus dem 15. Jahrhundert
(Dichter unbekannt)
übertragen von Toni Schwabe

Meiner Frauen roter Mund
brennt recht scharlachfarben,
brennt recht wie ein‹ rote Ros‹
In der ersten Blut,
brennt recht wie der rot‹ Rubin
in des Goldes Garben,
brennt wie eine heiße Kohl‹
liegt in Feuersglut.

Wollt Gott, wär ich ein lauter Spiegelglas,
dass sich die allerschönste Fraun
allmorgens vor mir hinpflanziert!
Wollt Gott wär ich ein seiden Hemdlein bas,
dass mich die allerschönste Fraun
an ihren Leib anzieht.

Wollt Gott, wär ich ein roter Goldenring,
dass mich die allerschönste Fraun
an ihre Händlein zwing‹!
Wollt Gott, wär ich ein Eichhorn traun
und spräng auf ihren Schoß,
von rechter Lieb sie mich
in ihrer Ärmlein Schloss.

Sie küsst mich an meine rosenfarben Mündelein –
Das nähm ich für des Kaisers Gut,
sollt ich dann selber desto ärmer sein!

Veröffentlicht / Quelle: 
»Das Landhaus : eine literararische Monatsschrift«; Landhausverlag; 3. Jahrgang, 10. Heft 1918, S. 156