Das Ich – eine Wissenschaft für sich!

Bild von Alf Glocker
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Nun pass ich nur auf, ich dämliches Ich – ich, ich beobachte mich! Innerhalb und außerhalb meines Leibes, meines Körpers und meines Charakters, stehe ich und sehe mir kritisch zu. Ich akzeptiere dich wie ich bin, sage ich zu mir, aber verstehen kann ich mich, also dich, deshalb noch lange nicht. Das möchte ich nur einmal zu mir gesagt haben!

Während ich etwas beginne, etwas beende, oder davor zurückschrecke, etwas zu beginnen, wie auch etwas zu beenden, stehe ich neben mir und höre mir zu. Was ich sage, was ich denke, darf mir, dem 2. Ich nicht verborgen bleiben. Ich hab mit mir nicht viel zu tun! Mit wem aber sonst?

Während ich neben mir stehe, stehen viele anderen Stimmen neben dem, der neben sich steht, und sie verlangen Gehör. Die Vernunft des 1. Ichs ist unmaßgeblich. Sie spielt sich zwar immer in den Vordergrund, aber zum Glück wird sie sofort von mir, in diesem Fall vom 2. Ich und von den anderen Stimmen, korrigiert, denn im Grunde weiß sie nicht, was sie tut.

Vermessen wäre es, von meinem Ich, dem 1., zu behaupten, es läge irgendwo richtig. Das ist nur in den seltensten Fällen wahr. In den meisten Fällen versucht sich mein neben sich stehendes Ich, die Seele, also ich selbst, auf Geheiß der anderen Stimmen, dem Fortlaufen der Zeit anzupassen ... zu fühlen, was aus der Zukunft kommt. Und wenn es das tut, irren wir uns sehr selten!

Und dies ist für meinen Geist als Warnung zu verstehen, denn die Zukunft ist überraschend und meistens auch überraschend verrückt. Deshalb stehe ich ja auch neben mir und höre, was ich selbst zu allem meine, oder auch was die vielen anderen Stimmen sagen – obwohl ich zugeben muss, daß die auch nicht immer hemmungslos weise sind, im Gegensatz zu meiner Intuition.

Wer etwas von sich wissen will, der darf sich zunächst einmal nicht ernst nehmen ... das trifft fast immer zu, wenn es um erworbenens Wissen geht. Andererseits muss jeder schon etwas ernst nehmen: seine Triebe. Denn sie sind sind eine Fassade, ein Hintergrund, ein Lebensfundament. Sie wollen, nein, sie müssen berücksichtigt werden, denn durch sie lebt das Fleisch.

Sage „Ich habe Hunger“ oder „Ich liebe dich“ und du darfst dich nicht darüber hinwegsetzen was du gesagt hast, nicht du, nicht du, und auch nicht die anderen Dus, nicht das Ich, nicht das tiefere Ich und überhaupt kein Ich, innerhalb und außerhalb dieser seltsamen Welt. Sie sind die Bretter, die das Licht bedeuten – ignoriere sie nicht. Aber sei vorsichtig! Stehe neben dir, so oft es dir gelingen mag, und höre dir ganz genau zu.

Vor allem pass auf, auf dein dämliches Ich. Beobachte es – innerhalb und außerhalb deines Leibes, deines Körpers und deines Charakters ... beobachte es kritisch bei allem, was es tut, oder besser noch vorher: bei allem, was es tun möchte! Denn dieses Ich-Wesen ist das Produkt eines flackernden Universums, das durch seine fatalen Erscheinungen lebt. Seine Erscheinungen aber müssen fragwürdig sein, weil es sonst keine stets überraschende Zukunft gäbe! Sage „Ich“ und meine die Welt!

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13. Okt 2018

Der Ich-Erzähler überzeugt –
Zumal er sich dem Ich nicht beugt ...

LG Axel