Über Liebesbriefe, die er nicht mehr kriegt und Liebesbriefe, die ihn, falls er sie kriegen würde, nicht mehr haben will, weil seine Frau sein Leben auf die Reihe gekriegt hat oder: Die heiße Blonde namens Schätzchen

Bild von Mick Haesty
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Er kriegt keine Liebesbriefe mehr. Die Zeiten sind vorbei. Früher war er mal ein leichter Kerl.
Ein Greenhorn der anderen Art. Blaue Augen, mit tödlichem Blick. Vielleicht noch ein verschmitztes
Lächeln und schöne Zähne. Aber leicht hatte er es nie. Vielleicht waren die ersten 5 Jahre
seines Lebens reine Glückssache, aber daran kann er sich nicht mal mehr erinnern.
Er kriege keine Liebesbriefe mehr, weil er sein Leben auf die Reihe gekriegt habe, meinte er.
Eigentlich war es seine Frau, die ihn auf die Reihe gekriegt hat. Davor lag er im Sumpf aus
Langeweile und Verzweiflung, weil er keine Liebesbriefe mehr bekam. Oder weil ihn die Liebesbriefe
des Steueramtes und die sonstigen Rechnungen in den Ruin trieben. Er weiß gar nicht, ob er
noch Liebesbriefe möchte. Dieses Gesülze von Liebe, hat ihm noch nie geschmeckt. Da schwang immer
ein bitterer Nachgeschmack mit. Du hast ein heißes Fahrgestell, waren seine Liebeswort.
Aber zu mehr als «ficken?» als Nachschlag, konnte er sich damals meist nicht durchringen.
Eines Abends saß er an der Bar. Ihn trieb es auf die Pirsch. Keine Ahnung warum, aber an der Bar
hockte ne Frau. Normalerweise sitzen an solchen Bars nur Kerle, die hoffen, daß, wenn sie
nur lange genug ins tiefe Glas kucken, sie dann plötzlich, wie vom Blitz getroffen, eine Frau erblicken würden,
die sie mit nach Hause neh-men könnten. Diese Utopie will ihnen niemand nehmen. Das Geschäft soll ja laufen.
Aber zurück zu der Frau. Sie war heiß und längst betrunken, genau wie er.
Nur um das klar zu stellen, heiß war er nicht mehr. Er wollte ihr nur einen Drink ausgeben, doch sie lehnte ab.
Er fragte, «hey, was trinkst du denn?» und sie sagte «hey, verpiss dich!» Es war Liebe auf den ersten Schnaps.

Gekränkt sein passte nicht mehr zu ihm. Diese Gefühle hatte er längst weggesoffen. Gekränkt sein,
war schon immer Zeitverschwendung. Aber als Greenhorn, zahlst du lange genug Lehrgeld,
bevor du zu der Erkenntnis kommst, daß du ein Arschloch werden musst, um in einer Welt, die nur aus
Arschlöchern besteht zu bestehen.

Tage später, zog es ihn wieder in die selbe Bar. Das – Verpissdichweib – hatte es ihm angetan. Der zynische Name
der Bar, hatte es ihm auch angetan. Und es wurde ihm schon vieles angetan. The good old Suizide, - was für ein Name,
dachte er.
Hey Mann, lass uns ins Good Old Suizide gehen und einen saufen! Lass uns ins Goos gehen.
Die Bar für Gänse. Ja, das passte zu ihm. Sind wir doch alle Gänse auf dieser Welt. Schnatternde Gänse im Nest
auf Zeit, dachte er.
Als er gemütlich in die Bar schlenderte, bereits ein paar Bier und zwei drei Schnäpse intus,
saß das Weib vom letzten Abend, noch immer am selben Platz und hatte noch immer denselben Drink vor sich.
So schien es jedenfalls. Gemächlich setzte er sich neben sie und bestellte sich erst mal ein Bier. Dann sah er sie
von der Seite an, musterte ihre Haltung, die heute nicht so abweisend schien und meinte dann: «Hey, es gibt keine
schlechten Tage für einen guten Suizid was?» Sie antwortete nicht. Dann warf er seinen kurzen Gedanken von vorhin ein.
Darauf reagierte sie dann doch. «Willst du mir auf die Nerven gehen, oder mir einen ausgeben?» fragte sie.
«Willst du mir nicht wieder ans Herz legen, daß ich pissen gehen soll?» «Ich bin Bo und wie ist dein werter Name Schätzchen?»
«Erstens heisse ich nicht Schätzchen und zweitens trinke ich einen Happy End auf Eis,» meinte sie selbstbewusst.
«Dein strenger Ton gefällt mir Schätzchen,» foppte er sie und prostete ihr zu, als sie ihren Drink hatte.
«Auf das Happy End im Good Old Suizide!» rief er, grinste sie an und nahm dann einen großen Schluck
von seinem kühlen Blonden, bevor er sich einen Kuss und gleich darauf eine Ohrfeige bei der heissen Blonden
namens «Schätzchen» abholte.

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