ALS JOSEPH VON EICHENDORFF SICH EINMAL NICHT VERFÜHREN LIESS

Bild von ffolcus
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oder: Der Apfeltraum

Saß stundenlang beim Apfelbaum
in meinem schönen Garten,
um unter seinem Blättersaum
auf Apfelfall zu warten.

Den Apfelwunsch stolz in Gesicht,
in Gaumen und Gedanken,
wollte vom Apfelbaume nicht
ich weichen und nicht wanken.

Die Äpfel prangten prall und schön
im öbsternen Geäste,
doch um in freien Fall zu gehn,
hingen sie noch zu feste.

Mit Engelszungen bat ich sie,
herab zu mir zu sacken;
ach, unbeweglich blieben sie
im Glanz der roten Backen!

Die Apfelbäume nebenan
in Nachbars stolzem Bungert,
die kenne ich von Kindheit an,
bin oft drumrum gelungert.

Dort fallen zwei, drei Tage schon
die stolzen Früchtlein nieder,
doch ich entsagt‘ der Sünde Lohn,
löckt sie auch immer wieder.

O nein! Ich werd‘ den Teufel tun,
die Äpfel dort mir klauen,
will unter meinem Baume ruhn,
kein Fremdkernobst mehr schauen!

So träum‘ ich unterm Apfelbaum
von feinem Apfelkuchen;
und blieb es heut‘ auch ein Traum:
werd’s morgen neu versuchen ...

vc