Reif für die Insel ...

Bild zeigt Annelie Kelch
von Annelie Kelch

Ein Jugendtraum, daraus ich nimmer wollt erwachen,
Flog mit der Silbermöwe über Dünen und das Meer.
Die alten Wunden brachen auf, all mein Begehr
Vereinte sich in jenem himmelblauen Drachen,

Der aus der Luft gestürzt kam und vor meine Füße fiel:
Ein Vogelflug, verträumt, auf unbeschriebenen Bahnen ...
Umherbstet vom Gedanken, vor der Flut zu warnen.
Die Inselgräser nickten seelenschwer: ein Schattenspiel.

Sie flüsterten mir zu: Schlag hier die Zelte auf, für immer;
Wir sind wie du: verschwiegen und wir reden kaum …
Gib zu: Der Insel Kargheit und die Stille sind dein Jugendtraum. –
Hinter den Dünen glomm am Horizont ein Hoffnungsschimmer,

Der mich verwirrte, und die Liebe sprach aus meinem Herzen:
Noch grünt ihr mir zu hoch im Norden, sprödes Wolkengras,
Noch glühe ich für meine kluge Flamme: ohne Ziel und Maß.
Ihm nur gedanklich nah sein & nicht zu allzu fern,
kann ich verschmerzen.

Der Wirt vom „Dünenkrug“ schob mich ans Panoramafenster ...
Siehst du die Gauben oben in dem schmucken Reetdachhaus?
Kannst übers Watt und auf die Nordsee schauen von dort aus.
Und rot glost in der Nacht das Molenfeuer dir ... Radargespenster.

***
Ich zahlte meine Zeche: Kost, Logis, zwei viel zu kurze Wochen ...
Du kommst bald wieder, prophezeite Lasse, Wirt im Dünenkrug:
Von dieser Insel, Anne, kriegt kein Menschenherz genug;
Nicht nur, wenn alles aus dem Ruder läuft, dein Schiff zu
Kentern droht und dich nach Meer und Dünen arge Sehnsucht
Plagt, sollst du an unsre Gasthaustüre pochen.

Für K. und S.; in Erinnerung an einen wunderschönen Urlaub am Meer; Name des Wirtes und des Gasthofs sind geändert.
Eine (Dach)gaube (Dachfenster) dient zur Belichtung und Belüftung des Dachraumes.
Alarm: Seit 1972 wurde ein ganzer Kilometer Land von den Fluten der Nordsee verschluckt. An der Spitze von Sylts südlichem Ende sei das Festland je nach Wasserstand nur noch maximal 150 Meter breit.
„Der Kampf um die Hörnum-Odde ist fast verloren“, titelte die „Sylter Rundschau“ im November 2015, als die Herbststürme „Heini“ und „Iwan“ knapp 60 Meter Sand und Dünen ins Meer gerissen hatten. Besonders dramatisch ist, dass das Problem von Menschenhand gemacht ist: 1962 wurde hier die sogenannte „Kersig-Siedlung“ für gut betuchte Urlauber gebaut – gegen die Warnungen des Küstenschutzes."
Quelle: Travelbook.

Gedichtform: 
Thema / Schlagwort: