Ein Bub erblickt das Licht der Welt.
Es ist nicht gut um sie bestellt.
Es tobt der Krieg seit fast vier Lenzen,
zerstörte Menschen, Länder, Grenzen.
Der Junge wurde g'rad geboren,
im Januar. Hat er gefroren?
Die Sippschaft war - gezwung'nerweise -
auf kollektiver Völkerreise.
Der Abschlussmarsch, weiß heut das "Büblein",
ging Richtung Ende, ohne Grabstein.
Er fragt sich ständig und verstohlen:
"Wie gelang die Flucht aus Polen?"
Er hat und wird es nie erfahren,
die Mutter schwieg in ihren Jahren.
Der Junge, da zwei Jahre jung,
war Teil der Völkerwanderung.
Zigtausend kamen an ihr Ende,
spärlich waren Helferhände.
Den kalten Tod auch Kinder spürten,
Engel sie zum Himmel führten.
Das Schicksal nahm sich seiner an,
ein scheuer Junge wurde Mann.
Es ließ ihn wandern fünf, sechs Lenze,
überschreiten manche Grenze.
Es führte ihn ins fremde Land,
in dem er Frau und Ruhe fand.
Des Rentners Denken ist noch jung,
es gräbt in der Erinnerung.
Und plötzlich ist sie da, präsent,
durch Bilder, die heut jeder kennt.
Ein Völkerwandern zeigt sich mir.
Familien wandern, wie damals wir.
Sie wissen nicht genau wohin.
Hat das irgendeinen Sinn?
Die Fragen stehn im Kindgesicht:
"Wo sind wir, wir verstehen nicht..."
Sie werden wandern - vielleicht Lenze -
und weinend stehn an mancher Grenze.
Dann, zum Schluss, ich will es glauben,
wird das Schicksal es doch richten:
Den Kindern ein Zuhause geben,
eine Zukunft und ein Leben.
Ihnen als Rentnern so erlauben,
den Enkelkindern zu berichten.
© Willi Grigor, 2015
Aus dem Leben