Am Hafen

Die großen Schiffe – damals,
sprengten fast den kleinen Hafen.
Ich hab so manche Nacht vergrübelt, wachgelegen.
So manche Nacht vergaß ich einzuschlafen
und machte mir umsonst das Leben schwer.

Wo kamen all die vielen fremden Schiffe her?!
Sie kamen aus Piräus, Cádiz und vom Schwarzen Meer:
'Odessa' stand einmal auf einem Heck gepinselt in Kyrilliza,
in einem dieser Sommerjahre, als ich fremde Flaggen liebte
und Dalida mit ihrem Regenlied - ich kam grad' in die siebte.

Es lag oft ein Gesang über dem Elbewasser,
darin vereinigten sich Orient und Okzident:
gingen gemeinsam mit der Morgenblüte auf ...
und abends auch gemeinsam wieder unter.

Da hing ein Fernweh über manchen hohen Takelagen,
und zwischen Segeln spielte leis' das Abendrot Verstecken.
Ich schlief an heißen Tagen ein vor der Kulisse und vor lauter Glück.
Dann kam mich irgendwann die allerbeste Freundin wecken,
wollt' mir entgegenkommen von zu Haus ein kleines Stück.

Wir balancierten wagemutig über dicke Taue an der Hafenkante;
es ist ein Wunder, dass ich niemals in das graue Wasser fiel.
Die Möwen lachten über unser Spiel;
sie waren für uns sowas wie Verwandte:
Der Hafen war ihr liebstes Ausflugsziel.

In einem jener Sommerjahre, als ich fremde Flaggen liebte,
fand ich auch Schiffe aus Shanghai am Pier - vom Gelben Meer.
Ich saß oft stundenlang auf dieser weißen Bank am Kai umher
und starrte auf das bunte Treiben an den Promenadendecks,
hab manches Mal gedacht: Was wär', wenn du dich ganz leger
an Bord schleichst und dich in den Aufbauten versteckst.

Dann würden sie zu Hause vielleicht weinen ...
und 'Mädel, komm bald wieder' statt die 'Die Csárdásfürstin' singen.
Ich aber wäre in Shanghai und würd', als kleiner Maat verkleidet, -
in Bars und Kneipen deutsche Seemannsständchen bringen.
Und auch den 'Tag, an dem der Regen kam', heraufbeschwören,
und mich beim Kneipenwirt über die Glasnudeln beschweren. -
Weil die zersprungen wärn: Der Suppenteller sei voll Scherben …
Zu Hause würde zwischenzeitlich jemand meine Kleider erben.

Sie würden warten, warten … und mich irgendwann vergessen -
ich aber kehrte eines Tages in die Heimatstadt zurück:
Auf einer komfortablen Dschunke – unter mindestens acht Segeln
und Koffern, randgefüllt mit purem Silber und mit Gold.
Sie würden mich umringen, wissen wollen, weshalb mir das Glück so hold.
Dann zuckte ich ganz lässig mit den Schultern und tät' sagen:
"Das ist doch klar wie Kloßbrühe; was sollen diese Fragen?
Der liebe Gott hat 's so gewollt."

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