Du sagst so oft, du kennst mich ganz genau und siehst
nicht wie ich immer wieder in mich geh'. Schon sehe
ICH nur eine Tür „Hier hast du längst verloren!“ Also
setze ich aufs Ganze, stoß sie auf und fall' hindurch.
Im Nu habe ich die Orientierung verloren und kauere
mit gebundenen Händen in einem morschen Kahn auf
stehendem Wasser. Aus der Tiefe blubbern mir faule
Gewissheiten entgegen. Irgendwo kichern Nymphen.
Auf meinem Schoß entfaltet sich eine rätselhafte Karte.
Wind kommt auf, das Boot gewinnt an Fahrt und ich
trag' eine wunder-blaue Uniform. Da reißt man mir die
Karte aus der Hand. Den Kurs bestimmt schließlich SIE!
Messingaugen blinzeln so verwegen wie der Sturm in
meinem Flaum: „There is plenty of gold, so I've been told,
on the banks of Sacramento!“ Mit geblähten Segeln ziehen
wir rückwärts in den Hafen. Im Osten geht die Sonne unter.
Im Trubel einer alten Taverne erzittere ich beim Anblick der
vollbusigen Wirtin. Ein Korsar zeigt mir eine Karte, die mir
seltsam bekannt erscheint. Die Breitengrade biegen sich vor
vergrabenen Schätzen. Ich plane 99 Reisen im Detail durch.
Ich jage wie alle als Indianer über die Wiese. Im Stillen aber
bin ich Störtebeker und hisse das grüne Segel am Pappelmast.
Am Horizont rollt der nächste Güter-Beutezug ins Reich der
Hanse. Voller Erwartung hole ich mir einen Popel aus der Nase.
Kommentare
"Sich selbst verstehen", ist mitunter keine allzu leichte Aufgabe. Dabei können "Reisen" in die Kindheit hilfreich sein.
Ich zumindest fühlte mich durch deine Zeilen in die Kindheit zurückversetzt, wobei mir der letzte Satzt ein fettes, verlegenes Kindergrinsen des Ertapptseins ungewollt ins Gesicht malt. ;)
Alles Liebe
Ella
Hallo Ella
So ist es, d.h. es geht bei aller Ironie doch um ein ernstes Thema, das der Selbstfindung (wobei man durchaus in seinem Innern suchen muss). Vielleicht haben uns die Träume von einst doch mit-geformt und zu dem Menschen gemacht, der wir heute sind. Oder auch nicht, manche wandeln sich ja bis hin zur völligen Umkehrung. Nun, um das herauszufinden, muss jeder selbst in sich hinabsteigen. Ich jedenfalls war schon immer ein kleiner Träumer. Bilde ich mir jedenfalls ein :)
LG
Dirk
Jedenfalls hast Du den Boden unter den Füßen
noch nicht verloren! nach all dem Wunderblau!
Selbstgewisse Grüße, Monika
Danke Monika
Das hoffe ich, die kichernden Nymphen lassen mir da wenig Zweifel :)
Eine Matrosenbluse war wirklich dabei! So wie auch der Traum von der Seefahrt.
LG
Dirk
Ganz großes Lesekino.
HG Olaf
Danke Olaf
Seemännische Grüße
Dirk
Nein, nein, nein,
diese Wendungen, einfach köstlich!
(Einziges Defizit, die vollbusige Wirtin hättest du ruhig näher beschreiben können.)
LG Uwe
Hallo Uwe
Ich wollte vor allem der männlichen Leserschaft noch einen gewissen "Interpretations-Freiraum" lassen :)
LG
Dirk