in vielen Städten dieser Welt
da bin ich nie gewesen -
doch in Lissabon -
da war ich schon
fuhr auf dem Tejo
fühlte mich so
als hätte ich immer dort gelebt
und mein ganzes Wesen, es strebt . . .
nach Fado,Melancholie und Vinho Verde,
zum Torre de Belem,zu Pesoa und heiliger Erde
Castello St. George,Linie 28,fahle Kneipenlichter
Geruch von Fisch,Abgase,Armut - alte Gesichter
die Stadt sie atmet mit antiken Lungen
noch tief erregt von der Geschichte
von der sie wesenhaft durchdrungen
Legierung auf ewig, mit Mythen eng verwoben
strebt von allen Seiten scheinbar. . .dauerhaft nach oben
- doch plötzlich wie ein Blitzschlag fuhr`s in mich hinein
Gänsehaut,kalte Schauer,jede Faser meines Körpers nur Pein
gerade noch entspanntes Schlendern durch die Alfama
in meinem Geist jetzt Bilder vom schrecklichsten Drama
Gestank von verbranntem Fleisch,Schreie in Todesnot
schien gerade noch die Sonne,
die ganze Welt wie Blut nun so rot-
sechsmal Zehntausend einfach ausradiert
beim Kirchgang tat die Erde sich auf
und ganz Europa voller Panik - konsterniert
war Gott nicht da? nahm er es in Kauf?
am heiligen Sonntag in aller Früh`ein Massen-Autodafé
Leibniz schreibt vergeblich sein Theodizee
der Schock sitzt der Religion tief im morschen Gebein
wie konnte es geschehen? warum ließ Gott es so sein?
. . . ich erlebte in Lissabon am nächsten Tag
einen Sonnenaufgang
er hat mich versöhnt
mir ist nicht länger bang
fasste am jungen Tag
einen hehren Plan
übe mich mit tiefem Ernst
bis heute daran
in stiller Demut
das Herz weit offen
nie will ich aufhören
zu hoffen