Herbsttag

Bild von Rainer Maria Rilke
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Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Veröffentlicht / Quelle: 
Rainer Maria Rilke: Das Buch der Bilder, 1. Buch Teil 2, Axel Junker Verlag, 1906, Seite 48.

Video:

Rezitation: Angélique Duvier, Klavier und Komposition: Vladyslav Sendecki

Rezitation:

Rezitation: Rezitation: Angélique Duvier, Klavier und Komposition: Vladyslav Sendecki

Interne Verweise

Kommentare

21. Sep 2017

DAS Herbstgedicht schlechthin, ich liebe es.
Eindrucksvoll auch die Rezitation mit Klavier,
danke dafür, Angélique - und LiteratPro.

LG - Marie