ich

Bild von Wintergoldhähnchen
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Wer ich bin, das weiss ich selbst nicht so genau, und auch nicht, ob man das wirklich wissen kann. Mir ist oft kalt, ich bin müde und traurig, was irgendwie zusammenhängt. Und ich denke viel nach und es kommt nicht so viel dabei raus. Ich möchte gern all meine Gefühle und Gedanken zu Papier bringen, aber mir fehlen die Worte und die Geduld. Und wer sollte es schon lesen.
Ich möchte gerne rausgehen, Sport machen, Erinnerungen produzieren, die Welt sehen, Freundschaften pflegen, Neues entdecken, alles Lernen, meine Zeit zum Leben nutzen. Aber dann fehlt mir die Energie und dann denke ich, ich muss mal Pause machen. Gar nichts tun. Ein Buch lesen.
Ich möchte so gern vorwärts kommen, fleissig sein, Weichen für die Zukunft legen, mein Leben im Griff haben. Aber dann fehlt mir der Durchhaltewillen und der Mut, und dann denke ich, es hat doch noch Zeit und es kommt, wie es kommt. Und sowieso, vielleicht ist das nichts für mich.
Manchmal bin ich sehr glücklich und ich denke, ich hab die grosse Liebe, und schon so vieles erreicht und ich kann jetzt Autofahren und Klettern und die Masterarbeit wird spannend und gut, und überhaupt bin ich auf dem richtigen Weg und vielleicht sogar ein klein bisschen erwachsen geworden.
Manchmal braucht es ganz wenig, um mich aus der Bahn zu werfen und zum Weinen zu bringen und alles anzuzweifeln. Und oft hinterfrage ich alles, meine Entscheidungen und Werte und den Sinn an sich. Aber das hab ich ja schon gesagt, und so fängt es wieder von vorne an.
Ich bin doch eigentlich frei, aber was mich einschränkt, ist die Angst, Fehler zu machen. Ich bin doch eigentlich glücklich, aber ich habe Angst, alles irgendwann zu verlieren, ich hab mich doch eigentlich zum Guten verändert, aber ein schlechtes Gewissen habe ich doch. Ich möchte niemanden verletzen oder enttäuschen, und ich muss lernen, dass das nicht geht.
Und ich glaube, all diese Widersprüche und dieses Wechselhafte, die Kritik und leise Anerkennung, das ist letztlich jeder, und das bin ich.