Nachdenken über Liebe

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Im Lexikon der Rechtschreibung findet man das oft missbrauchte Wort Liebe eingesperrt zwischen Lidrand und Liebermann. Es stammt aus dem Althochdeutschen, Liubi heißt Gunst oder Freundlichkeit.
Die antike griechische Literatur und Philosophie unterscheidet drei Arten von Liebe. Eros ist die begehrende, triebgesteuerte Liebe, die Befriedigung sucht. Philia ist die freundschaftliche, die auf Teilen und Mitteilen, auf gemeinsame Freude ausgerichtet ist und Agape die altruistische, aufopferungsbereite, mitfühlende Liebe. Diese drei Spielarten des Begriffes stecken in der deutschen Sprache alle in dem einen Wort - Liebe. Sie ist viel mehr als nur eine erfolgreiche Strategie für die Ausbreitung der Spezies Homo Sapiens auf dem Planeten Erde. Sie ist das Lebenselixier der Menschen schlechthin, die große Sehnsucht des Individuums nach Einheit. Liebe ist in dir und mir, sie ist der Weg und das Ziel zugleich. Und ich bin ein Teil von ihr, so wie du es auch bist. Denn alles, was lebt, ist aus Liebe entstanden. Wer sie verschenkt, bekommt sie mehrfach zurück. Wer sich nicht traut, zu lieben, gerät oft in die Fangarme der Angst. Wer seine Liebe verliert, stürzt tief in die Trauer, verliert die Freude am Leben.
Wir lieben unsere Kinder, Eltern, Großeltern, Freundinnen und Freunde, wir lieben auch Tiere, Pflanzen und die Natur, wir lieben Kunst und Musik, wir lieben Worte, die ihre Entstehung der Liebe verdanken. Liebe wird durch warme Farben, mit herzlichen Worten, harmonischen Klängen zum Ausdruck gebracht. Wir spüren Liebe beim Singen, beim Musizieren, Betrachten unseres Lieblingsbildes, beim Nachsinnen über das Land, in den wir leben. Der Schreiner spürt Freude und Liebe, wenn er seinem Tisch den letzten Schliff gibt. Ich spüre die Liebe in deiner Stimme bei unseren spätabendlichen Telefonaten. Mit Liebe habe ich Kinder eine Zeit lang durch ihr Leben begleitet, sie haben mich mit ihrer Zuneigung, ihrem Vertrauen dafür belohnt. Das hat meine Liebe zum Leben gestärkt. Liebe löst Freude und Dank aus. Wo Liebe das Sagen hat, werden Konflikte und Kriege vermieden. Sie ist stärker als alle negativen Gefühle wie Furcht, Enttäuschung, Neid, Hass und Misstrauen. Wer lieben kann und geliebt wird, ist ein glücklicher Mensch. Das Gefühl der Liebe verbindet alle Menschen der Welt miteinander. Zutiefst geborgen fühlt sich, wer sie empfinden und weiter geben kann. Sie ist das Wesen der Schöpfung, ist das Göttliche in uns. Wir alle sind seit dem ersten Atemzug auf der Suche nach der Liebe und damit nach dem Sinn und der Erfüllung unseres Seins. Omnia vincit Amor, alles besiegt die Liebe, schrieb der römische Dichter Vergil schon vor mehr als zweitausend Jahren.
Die poetischsten Umschreibungen des Begriffs Liebe findet man im Hohelied der Liebe im 1. Korintherbrief Kapitel 13: „Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Die Liebe ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf, sie sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach, freut sich nicht über das Unrecht, freut sich an der Wahrheit, sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf.“

Das Phänomen Liebe lässt sich nicht umfassend beschreiben, dazu es ist zu mächtig, es sprengt das Fassungsvermögen unserer Köpfe. Mir war aber danach, auszusprechen, aufzuschreiben, was mir spontan und ganz persönlich dazu einfällt, grade in der Pandemiezeit, wo die Liebe das Gegengewicht sein kann zu Angst, Zweifel, Verunsicherung, denn sie steht für Aufbruch, Hoffnung, Freude – für Zukunft und für neues Leben.

(Aufgeschrieben im April 2017, überarbeitet im Mai 2020)

Sandro Botticelli, auch Alessandro di Mariano Filipepi oder Sandro di Mariano di Vanni Filipepi, gen. Botticelli, wurde am 1. März 1445 in Florenz geboren und dort auch am 17. Mai 1510 begraben. Er war ein italienischer Maler und Zeichner der frühen Renaissance. Der Ausschnitt des eingefügten kreisrunden Botticelli-Madonnenbildes zeigt die Liebe zwischen Mutter und Kind auf besonders eindringliche Weise.

Interne Verweise

Kommentare

13. Apr 2017

Ist der Essay spontan entstanden? Er wirkt auf mich durchdacht. Der ganze Text regt mich an, spontan greife ich eine Stelle auf und überlege, ob Liebe Kriege verhindern kann? In Begründungen hört man oft, ein Krieg sei notwendig, aus Liebe zur Menschheit, aus Liebe zum Frieden aus Liebe zur Gerechtigkeit. Und gerade berät die USA, ob sie den syrischen Präsidenten Assad angreifen will, weil der Giftgas eingesetzt haben soll. Das wäre dann ein Krieg aus Liebe zur Gerechtigkeit - oder wie immer man das nennen will. Es mag schon sein, dass man die Liebe nicht erklären kann, für mich ist sie Mut zum Risiko, denn man weiß nie, was sie bringt und ob man dabei nicht auf die Nase fällt.

14. Apr 2017

Spontan aufgeschrieben, aber lange im Kopf bewegt, ist ja ein Thema, das unser Leben begleitet. Alle Kriege wurden mit dem Gegenteil von Liebe, mit Hilfe von Hetze und Lügen inszeniert, um den Machtbereich zu erweitern. Den Deutschen redete man ein, die Franzosen seien Erbfeinde, und umgekehrt, sie haben sich immer wieder bekriegt, gegenseitig erschossen, man steht heute fassunglos vor den großen Grabfeldern unserer Friedhöfe, die die besten Mahnmale gegen jeden Krieg sind, und im 2. Weltkrieg wurden die Russen den deutschen Soldaten als "Untermenschen" geschildert, als minderwertig. Das hat mit der Liebe zum Nächsten nichts zu tun, nur mit dem geschürten Hass auf "den Feind", der nötig war, um die Soldaten zum Schießen zu motivieren. Das hat sich erst geändert, als man sich nach 1945 gegenseitig kennen und schätzen oder sogar LIEBEN lernen konnte und erfuhr, das sind ja gar keine Feinde, sondern Menschen wie ich und du, sie haben Familien, lieben ihre Kinder und so weiter. Ein Europa ohne Grenzen hat uns dem Ziel des friedlichen Miteinanders viel näher gebracht. Und jetzt - die Rolle rückwärts, Schande. Ja, ich bin sicher, mit mehr Liebe zueinander und Respekt voreinander - dürfte es eigentlich keine Krieg mehr geben. Und einen "gerechten Krieg" gibt es auch nicht. Geht es in Syrien nicht letztlich auch nur um Machterweiterung - auf dem Rücken und zu Lasten der Bevölkerung? Wenn Kriege als letztes Mittel geführt werden, dann nur, weil im Vorfeld der gegenseitige Respekt gefehlt hat. Dass der "Nahe Osten" so im Aufruhr ist, hängt doch damit zusammen, dass die Kolonialmächte nach dem 1. Weltkrieg dieses Gebiet selbstherrlich und völlig respekt- und lieblos unter sich aufgeteilt haben - ohne Rücksicht auf Stammes- und Religionszugehörigkeit. Der Giftgasangriff von Assad ist ein gigantisches Verbrechen, wo bleibt der Tyrannenmörder. Aber darauf mit neuen Bomben zu reagieren kostet wieder unschuldige Opfer und schürt noch mehr Hass, der noch mehr Hass gebiert. Und dass die christlich orientierte USA jetzt diese koventionelle Riesenbombe abgeworfen haben, um ein paar Dutzend islamistische Kämpfer umzubringen und dabei den Tod ganz sicher vieler unschuldiger Zivilisten in Kauf nimmt, das hat mit Liebe zu Menschen überhaupt nichts zu tun. Die Welt befindet sich auf einem gefährlichen Weg, desto wichtiger ist es, sich immer wieder die Bedeutung der LIEBE ins Bewusstsein zu rücken. Ich habe als kleines Kind die Schrecken des 2. Weltkrieges erlebt und weiß ein wenig, wovon ich rede. Nie wieder Aufrüstung, nie wieder Krieg war die einhellige Meinung danach. Was ist daraus geworden? 70 Milliarden Euro jährlich für die militärische Aufrüstung der Bundeswehr? Jede militäriche Aufrüstung - hat zu neuen Kriegen geführt. Ich bleibe dabei. Make love, no war ist das beste Motto. Danke für deine ausführliche Zuschrift.
Liebe Grüße, Marie

14. Apr 2017

Liebe ist so inhaltsreich und im Deutschen so ausdrucks-arm. Ich habe mir sagen lassen, dass es im Arabischen mehr als 300 Ausdrücke für Liebe gibt, so z.B. auch genau einen für die Liebe von der Mutter zum Kind und einen anderen für die Liebe des Kindes zur Mutter - so differenziert in allen Facetten.
M. E. führt genau unsere Einwort-Liebe (ok, es gibt auch noch die von dir erwähnten Philia und Agape, deren Bedeutung heute nicht mehr jedem bekannt sind, weshalb sie außer im Religiösen oder Philosophischen keine Verwendung mehr finden) dazu, dass dieses arme Wort so sehr missbraucht wird.
Man nennt es Liebe und meint Besitz-, Hab- oder Kontrollsucht, man nennt es Liebe und meint simples Gefallen oder Begehren ("Ich liiiebe das!") usw.
Das Wort an sich hat sehr an Wert verloren. Im Amerikanischen noch mehr, finde ich, weil an alles Mögliche ein total entwertetes "Love you!" drangehängt wird. Das Gefühl, das hinter dem Wort Liebe steht, wird aber hoffentlich nie an Wert verlieren ...
Ein Text, der zum Selberdenken anregt.
Ein frohes Osterfest wünsche ich dir! (... mit viel Liebe ...)

14. Apr 2017

Danke. Dir ebenfalls frohe Ostertage! Ich gehe selbst oft unbedacht mit dem Wort Liebe um und hoffe mit dir, dass es nie an Wert verliert. Wir können alle etwas dafür tun.
Liebe Grüße, Marie

14. Apr 2017

Liebe als Herzensenergie zu fühlen - da kann der Kopf nicht mit, hat er auch noch so viele Wörter ;-)

Frohe Ostern!
Eva

14. Apr 2017

Recht hast du, Eva, auch ich wünsche dir frohe Ostern, und danke für deine Worte.
Liebe Grüße Marie

Detmar Roberts
14. Apr 2017

Liebe Marie, bin sehr angetan von deinen profunden Gedanken zu diesem wichtigen Thema. „Make love, no war“ war schon in der griechischen Komödie Lysistrata Thema, dann wurde es 1967 der Slogan der Antivietnamkriegsbewegung als Protest gegen den Kalten Krieg und gegen den verbrecherischen Krieg der USA gegen Vietnam. Ab 1980 gab es in der DDR und auch in der deutschen Friedensbewegung den aus einem Bibelzitat stammenden Ruf: Schwerter zu Pflugscharen!, der Ähnliches aussagt wie „make love, no war“. 2005 initiierte die aus New York stammende amerikanische Aktionskünstlerin Sherry Glaser in Berkeley und in Washington, D.C. unter dem ähnlichen Motto „Breasts Not Bombs“ Demonstrationen gegen von der Bush-Regierung im Irak angewandte Gewalt sowie gegen Kriegsgewalt allgemein. Wir sollten auch hier wieder gegen den Krieg ganz allgemein und für den Frieden und die Verständigung auf die Straße gehen und das Motto: „Make love, no war“, erneut zu stärken, bevor es zu spät ist.

14. Apr 2017

Richtig, Detmar, bevor es zu spät ist, die Ostermärsche gibt es ja nach wie vor. Man sollte sich einen Ruck geben und nicht nur reden, sondern schauen, wo man auch handeln kann. Das mit dem Ruck ist aber eine schwierige Sache, wie wir alle wissen ...
Danke für deine durchdachte Zuschrift, Detmar - und frohe Ostern. Ich höre grade, zum wievielten Mal in meinem Leben? - die Matthäuspassion von Bach, die für mich zum Karfreitag gehört.
Liebe Grüße, Marie

detmar roberts
14. Apr 2017

Ich höre grade die Johannespassion (Bach) von einer CD, auch ein gutes musikalisches Karfreitagserlebnis - und grüße dich nochmals.
D.R.

14. Apr 2017

... und am Karfreitag gibt es auf unserem Mittagstisch immer noch ein Fischgericht, einige Traditionen halten sich, das finde ich gut und wichtig. Ein letztes Mal grüßt (in der Osterzeit) - Marie

14. Apr 2017

Einen so gut durchdachten Essay, kann ich hier als große Bereicherung empfinden. Liebe, dies eine Wort für eine Vielzahl von Möglichkeiten, konzentriert sich auf den Wesenskern. Hier hab ich ein Zitat gefunden, das meiner Auffassung entspricht:
Es wird, nachdem wir uns den Wind, die Gezeiten und die Gravitationskräfte nutzbar gemacht haben, der Tag kommen, da wir uns für Gott und die Liebe nutzbar machen. Und an jenem Tag wird zum zweiten Mal in der Weltgeschichte der Mensch das Feuer entdeckt haben.
Teilhard de Chardin

14. Apr 2017

Monika, danke für deine Worte und das weise Zitat des Teilhard de Chardin: "... an jenem Tag wird zum zweiten Mal in der Weltgeschichte der Mensch das Feuer ( - der Liebe?) - entdeckt haben" ...
Liebe Grüße und frohe Ostern, Marie

14. Apr 2017

Danke, Marie, für den sehr guten Essay über "Liebe"; auch die Antwort, die du Wolfgang gegeben hast, gefällt mir ganz ungemein. Überhaupt - sie beruhigt mich ein wenig heute; denn gestern Abend las ich Claude Lanzmanns Essay, Erwiderung, Kommentar: "Holocaust, die unmögliche Darstellung. Zu Schindlers Liste", ein Text, der in Lanzmanns Buch mit dem Titel "Das Grab des göttlichen Tauchers" abgedruckt ist und mich wieder mal sehr erschüttert hat. Claude Lanzmann ist - wie du gewiss weißt - der Regisseur des Films "Shoah", ein Film über den Tod und nicht über das Überleben - weil es ein Überleben im eigentlichen Sinne nicht gibt - auch, wer - zufällig - den Holocaust überlebt hat, ist gestorben - innerlich zumindest, während Spielbergs Film im gewissen Sinne als eher kitschiges Melodram anzusehen ist - weit entfernt vom wirklichen Grauen der Judenvernichtung. - Auch dieses Thema hat mit Liebe zu tun, weil damals die Hölle auf Erden war - weit entfernt von jedweder Liebe.

Liebe Grüße - und ein frohes Osterfest dir - mit viel Liebe
Annelie

14. Apr 2017

Danke für deine ausführliches und inhaltsreiches Eingehen auf meinen Text, Annelie. Ich meine, wir denken in die ähnliche Richtung. Auch ich lese viel, aber offenbar weniger als du, das hat mit Sehkraft zu tun. Ich meine aber, auch die Filme über den Holocaust, die du als kitschig, weil schön gefärbt, bezeichnest, muss es geben, weil sie eine breitere Bevölkerungsschicht erreichen und über dieses wichtige Thema aufklären können.
Liebe Grüße, Marie

14. Apr 2017

Danke, liebe Marie, für deine Antwort. Lanzmann ist der Auffassung - und auch mich, die Schindlers Liste mehrmals gesehen hat, überkam und überkommt jedes Mal beim Zuschauen ein ungutes Gefühl, und ich wusste nie, woher es rührte, bis ich Lanzmanns Essay gelesen habe ... er ist also der Auffassung, "dass dieser Film des sonst hervorragenden Steven Spielberg den Holocaust verharmlose - und dann auch noch ein Happyend zeige, dass es nie gegeben hat und nie geben kann und wird; insgesamt werde die historische Wahrheit verzerrt etc." (er begründet das sehr eindrucksvoll - man muss es einsehen). Ich bin keinesfalls der Meinung, dass 'das Volk' verschont werden sollte. Ingeborg Bachmann sagte, die Wahrheit sei dem Menschen zumutbar (ihre Grabinschrift). Das erachte auch ich als nachhaltiger. - Ferner ist Lanzmann der Auffassung, dass Menschen, die ihren jüdischen Mitmenschen geholfen haben, ihre Pflicht getan haben. Auch das ist - streng genommen - richtig. Man sollte nicht immer nur auf Liebe bauen, die nicht jeder zu geben imstande ist. Und ich glaube kaum, dass solche Menschen, die aus diesem Bewusstsein heraus gehandelt haben, sich dessen bewusst sind und waren, dass sie aus dem Mob, den es auch heute noch gibt, hervorragten; sie wollten nichts Besonderes sein, sie handelten nach ihrem Gewissen. Aber sie müssen erwähnt und gelobt werden, damit der Mehrheit klar wird, was sie angerichtet hat, obwohl ich der Meinung bin, das bei den meisten "danach" nicht der geringste Sinneswandel eingetreten ist. Verzeih mir bitte, dass ich dir das so ausführlich geschildert habe; aber ich musste das nach der gestrigen Lektüre einfach schreiben, weil ich es für wichtig halte.

Liebe Grüße, Annelie

14. Apr 2017

Liebe Annelie, man kann die Wirkung des Spielbergfilms über Schindler aus verschiedenen Perspektiven betrachten. Mich hat er beeindruckt, obwohl ich wusste, dass Schindler am Ende des Films zu idealistisch dargestellt wird. Wer in einer Diktatur unter Einsatz seines Lebens Menschen rettet, ist für mich ein Held, eine Heldin, ragt aus der Menge der Kopfeinzieher heraus. Und die Motivation, so mutig zu handeln, hat sicher immer auch den Aspekt der Nächsten-Liebe. Unter den vielen zu Lebzeiten nicht bekannt gewordenen Helden, die während des 2. Weltkrieges Juden das Leben gerette haben, befand sich auch ein Major Karl Plagge, über dessen Schicksal es sich zu recherchieren lohnt. Das Buch über ihn ( Michael Good: Die Suche) geriet zufällig in meine Hände, hat mich beeindruckt.
Liebe Grüße, Marie

14. Apr 2017

Liebe Marie, ein Kommentar meinerseits erübrigt sich. Hier wurde schon sehr eingehend und anregend geschrieben.
Dein Text ist, wie jeder deiner Texte, sehr lesenswert. Danke schön dafür.

Und auch alle gegebenen Antworten sind sehr lesenswert.

Ich wünsche dir eine schöne Osterzeit.

Liebe Grüße Lisi

14. Apr 2017

Ich danke dir herzlich für deine Worte, Lisi, und wünsche dir frohe Ostertage!

15. Apr 2017

Liebe Marie, Schindlers Liste IST beeindruckend, muss zwangsläufig beeindruckend sein - aber meines Erachtens ist es auch eine Spur blasphemisch, den Massenmord an jüdischen Mitbürgern zu "inszenieren", weil die Wahrheit mit einer solchen Inszenierung zwangsläufig beschönigt werden muss - und das ist m.E. grausam. Ja, sicher ist es damals mutig gewesen, den Menschen jüdischen Glaubens zu helfen - einige wenige blieben in dieser schrecklichen Zeit bei Verstand und taten, was möglich war, die meisten hingegen beteiligten sich an der Hetze, wurden aktiv, fühlten sich durch Hitler bestärkt in ihrer Abneigung gegen alles, was anders war als sie und wurden zu Verrätern. Was ich meine ist, dass die eher zwielichtige Gestalt des Oskar Schindler zwar 1300 Juden vor der Deportation gerettet hat - er hatte die Möglichkeiten und das Talent dazu, insgesamt aber sechs Millionen jüdische Menschen im Dritten Reich zu Tode kamen. Darüber und über vieles andere, das fast zu schrecklich ist, um es auszusprechen, schweigt dieser Film. Das macht mich wütend. Das Buch über den Major Karl Plagge werde ich lesen. Danke für den Tipp.

Liebe Grüße
Annelie

14. Apr 2017

Eigentlich wollte ich ja nicht..
Ich sehe es sehr ähnlich wie du, liebe Annelie.
Ein Film ist ein gewagtes Unternehmen. Und einer mit diesem Thema auf jeden Fall.
Ich habe mit jungen Menschen über Schindlers Liste gesprochen. Sie waren sehr beeindruckt. Und so gesehen ist es gut, dass sie durch den Film wenigstens etwas mitbekommen haben. Da hat Marie Recht.
Doch insgesamt wird Schindler herausgestellt. Und seine Taten.
Und das unsagbare Leid, der Wahnsinn der gewollten 'Endlösung' tritt in den Hintergrund.....

Liebe Grüße Lisi

14. Apr 2017

Liebe Lisi, ich danke dir ganz herzlich für deinen Kommentar. Was mich ganz besonders stört, ist dieses Wort "beeindruckend". Ehrlich gesagt, ich war weniger beeindruckt als erschüttert, fix und fertig jedes Mal, nachdem ich diesen Film gesehen hatte. Einerseits durch die Darstellung der Schauspieler, die gar nicht imstande sein können, derartiges Leid "darzustellen", andererseits habe ich mir vorgestellt, dass Angehörige der Opfer diesen Film sehen und sich aufgrund dieser doch in Hinblick auf die Wahrheit eher oberflächlichen, mit dem Leben eines "Lebemanns" verknüpften Geschichte gedemütigt fühlen könnten. Und das bringt es auf den Punkt: Es sind eben wenige gewesen, die den Juden geholfen haben, andererseits wären nicht sechs Millionen ums Leben gekommen, von dem Schmerz der Hinterbliebenen einmal ganz zu schweigen. Eine einzige persönliche Geschichte, und darüber hinaus auch noch die eines Deutschen, vor dem Hintergrund des Holocausts zu sehen, muss fragwürdig bleiben - angesichts der 'Dezimierung' eines Volkes um sechs Millionen. Meiner Meinung hat Lanzmann recht, wenn er sagt, dass für Spielberg in diesem Film die Massenvernichtung Kulisse bleibt.

Liebe Grüße
Annelie

14. Apr 2017

"Beeindruckend" ist tatsächlich zu wenig. Es ist einfach schwer oder unmöglich, das unbegreiflich Ungeheuerliche dieses Verbrechens, des Holocausts, in Worte zu fassen. Man muss das Wissen darüber dennoch unverdrossen weiter verbreiten - an die folgenden Genarionen, ohne ihnen das Gefühl zu geben, eine Mitschuld zu tragen.

15. Apr 2017

Liebe Marie,
das wird irgendwann eintreten: Irgendwann weiß niemand mehr etwas davon, winkt ab, wenn die Rede auf den Holocaust kommt, hält womöglich alles für übertrieben; Lisi schrieb mal, AbiturientInnen, die als Leistungskurs "Deutsch" gewählt hätten, wären die Namen 'Paul Celan' und 'Ingeborg Bachmann' fremd. Wenn man sich das einmal vor Augen hält ... Es gibt wohl immer weniger Eltern, die dafür sorgen, dass die Massenvernichtung der Juden nicht vergessen wird. Selbstverständlich tragen nachfolgende Generationen keine Mitschuld. Ich habe einmal einem Verhör beigewohnt (und mitstenografiert), darin ein sehr junger, sehr sympathischer Kommissar einen alten Mann verhört hat, der sekundär an Vergehen an jüdischen Mitbürgern beteiligt gewesen sein soll. Ich war - trotz allem - sehr beeindruckt von der sachlichen, höflichen und vorsichtigen Art des Umgangs, die jener Kommissar in diesem Verhör mit dem alten Mann pflegte. Es ging bei diesem Verhör lediglich um die Wahrheit und nicht um Ressentiments.

Liebe Grüße,
Annelie

14. Apr 2017

Liebe Annelie, genau das ist der Punkt!
Man kann wahrscheinlich nur dann so erschüttert sein wie du, wenn man das 'große Ganze' kennt.
Aber vielen fehlt dieser Hintergrund.
Es wird in den Schulen nicht genügend informiert. Dann kommt hinzu, dass man von 'der Schuld der Deutschen' spricht, die es immer noch gibt.
Jeder Nachkriegsgeborene versteht das nicht. Ich gehöre dazu.
Ich verstehe es auch nicht!
Ich fühle mich nicht schuldig. Weiß aber um die große Schuld der Vorgänger Generation.
Durch diese Schuldzuweisung jedoch gehen viele in Abwehrstellung. Sie wollen nichts mehr davon hören.
Zudem gibt es unter den Alten genügend, die alles richtig fanden.
Und sich den Führer wünschen, der endlich aufräumt und für Ordnung sorgt.
Bin jetzt reichlich vom Thema abgekommen, aber.....

Liebe Grüße Lisi

14. Apr 2017

Liebe Lisi, ich möchte, dass du einen ruhigen, guten Abend genießt; deshalb zum Abschluss: Ich fühle mich auch nicht schuldig, aber zugegebenermaßen ab und an unbehaglich - denn es gibt ja durchaus nicht nur alte, sondern auch junge Menschen, die sich immer noch zu Hitler bekennen. Woran mag es liegen, dass die Schulen nicht genügend unterrichten? Möglicherweise gibt es viel mehr Fächer als früher - auch in technischer Hinsicht. Aber das Dritte Reich ist ja wohl kaum zu übersehen in der Chronik der Deutschen. Möglicherweise sind auch die GeschichtslehrerInnen vom Kurs abgekommen, weil es zu viele andere Probleme an den Schulen gibt.

Liebe Grüße und einen ruhigen Abend,
Annelie

14. Apr 2017

Liebe Marie,
wenn die Liebe, und ich sage ganz bewußt 'wenn', also wenn die Liebe das Lebenselixier in dieser Welt und vielleicht auch im ganzen Universum ist, warum ist es dann so schwer, sie zu leben? Stehen wir uns mit unserem Egoismus selber im Weg? Denn nicht nur in den Kriegen, in den großen Krisen dieser Welt fehlt sie, sie ist auch in den Familien, in der Nachbarschaft, in unserem Alltag nur noch selten anzutreffen.
Geben ohne den Anspruch etwas zurück zu bekommen, wer macht das heute noch?
Und ist es nicht das, was die Liebe ausmacht?
Danke für dieses wunderbare Essay und dir ein frohes Osterfest!
LG Sigrid

14. Apr 2017

Liebe Sigrid, ich bin zwar nicht angesprochen, doch fühle ich mich gerade so, und du wirst es mir hoffentlich nicht verübeln.
Ich denke , dass es gerade heute viele Familien gibt, in denen die Liebe anzutreffen ist.
Ich kenne jedenfalls viele davon.
Und viele junge Menschen nennen als ihr Wichtigstes die Familie. Das kommt sicher auch nicht von ungefähr.
Also bleibt die Hoffnung, dass die Jugend es später besser schafft, Liebe zu verbreiten.

Ein frohes Osterfest wünsche ich dir.

Liebe Grüße Lisi

14. Apr 2017

Liebe Lisi,
ich freue mich sehr, dass du diese Erfahrung machst und ich teile mit dir die Hoffnung, dass die Jugend es schaffen wird, die Liebe zu verbreiten, leider habe ich andere Erfahrungen gemacht und so liegt es natürlich immer an einem selber, wie man die Entwicklungen einer Gesellschft beurteilt.
Hinzu kommen die Meldungen, die wir jeden Tag von den Medien serviert bekommen und die ja auch nur selten ein positives Bild zeichnen.
Danke für deinen berechtigten Antwortkommentar und auch dir ein schönes Osterfest

Liebe Grüße! Sigrid

14. Apr 2017

Liebe Sigrid, die gleichen Fragen stelle ich mir auch. Die Liebe fehlt in manchen Familien und oft in der Nachbarschaft, sie fehlt beim Umgang mit unserer Erde. Wir drehen uns um uns selber, leben die Selfie-Gesellschaft.Was hilft dagegen? Meiner Meinung nach nur, im kleinsten Rahmen - die Liebe zu leben. Offen und ehrlich, respektvoll miteinander umzugehen, ausgleichend zu wirken, versöhnlich zu denken und zu handeln. Menschen, die sich in gemeinsam erlittener Not befinden, schaffen das. Direkt nach dem 1. Weltkrieg waren alle gleich arm und der gegenseitige Neid fiel weg. Man half sich ganz selbstverständlich in der Nachbarschaft und teilte das Wenige miteinander. In der Familie wurde zusammen gehalten. Der gigantische Flüchtlingsstrom wurde trotz der allgemeinen Armut bewältigt. Manchmal frage ich mich, geht es uns einfach schon zu lange zu gut?
Liebe Grüße, Marie

16. Jun 2017

Liebe Marie,
was für ein wunderbarer Text! Den kann ich grade richtig gut brauchen, hab ihn grade erst entdeckt. Manchmal zweifelt man ja so, dass z.B. ein Rückgriff auf die Antike einen richtig wieder aufleben lassen kann. Wenn Gedanken schon so alt sind, muss doch was dran sein an ihnen! Also, ich bin in allen Punkten, die du anführst, ganz derselben Meinung! Und hätte mich in letzter Zeit beinahe schon von etwas anderem überzeugen lassen - und das wäre ja ganz gefährlich!!
LG Tanja

16. Jun 2017

Liebe Tanja, danke für deine Zuschrift, ich freue mich, dass wir bei diesem für unser Leben so fundamental wichtigen Thema auf der gleichen Wellenlänge senden.
Liebe Grüße, Marie