Bickbeeren aus der Kumme

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Die Pfannekuchen waren es, die, fluffig und knusprig und heiß direkt aus der Pfanne den Weg auf meinen Teller fanden, mit „Bickbeeren“, wie Oma sie nannte, Blaubeerkompott, und hinterher waren auch die Zähne blau, bis man sie putzte und niemand zuhause merkte, dass ich schon wieder mittags bei ihr gewesen war. Sie sagten mir, ich kenne sie nicht, nicht, wie sie „wirklich“ sei, das falsche Luder, eine Hexe, durch und durch.
Wenn alle Hexen so lieb wären wie meine Oma, könnte es ruhig mehr von ihnen geben. Und von denen, die Engel wie sie „Hexen“ nannten, ruhig ein paar weniger.

Bei ihr war eine Schüssel ein „Kumme“ und ein Küchenschrankfach ein „Schapp“, und es ist unglaublich, wie sehr mir diese Ausdrücke fehlen … und die Frau, die sie verwendete.

So wie sie wollte ich immer werden, so zugewandt, so ehrlich, so aufrichtig, herzlich und gerecht. Ich habe sie nie nachtragend erlebt, die sogenannte „Hexe“, da waren die anderen, die „guten“ Menschen, ein ganz anderer Schlag.
Übrigens „Schlag“, das kann man gerne wörtlich nehmen und im Plural, für den „Plootsch“, der ich ihnen war.

Bei meiner Oma gab es sowas nie. Da gab es Rosinenstuten mit „guter“ Butter und dick Marmelade, wenn ich nachmittags kam, ein Glas Milch, ein freundlich-lächelndes Willkommen und ein Streicheln über mein Haar. Und für sie war ich ihr „Mäuschen“.

Die Pfannekuchen mache ich genau wie sie, mit Eischnee, einer Prise Backpulver und auf mittlerer Flamme, und wenn ich sie backe und genieße, denke ich jedes Mal an meine Oma.

© noé/2020

„Plootsch“ ist ein tölpelhaft-ungeschickter Mensch und nur mit seildicken Nerven zu ertragen.
„Gute“ Butter meinte bei meiner Oma Butter pur; „Butter“ alleine dagegen war eine Halb-und-Halb-Mischung aus Butter und Margarine.

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Kommentare

25. Okt 2020

FRAU KRAUSE scheint Typ "Plootsch" zu sein -
Jetzt drischt die wieder auf mich ein ...

LG Axel

26. Okt 2020

Schnell wird einer/e „umbenannt“ wenn er/sie nicht ist wie er/sie sein soll/muss. Doch, bei meiner Erfahrung, steckt gerade in den „Umbenannten“ oft ein großes Herz und feiner Charakter. PS. Mit dem Eischnee probier ich aus!

Liebe Grüße
Soléa

26. Okt 2020

"Rosinenstuten" und "Plootsch" - ganz neue Begriffe für mich...sollte man sich merken!

26. Okt 2020

Eine wunderbare Omalaudatio, die bei mir Erinnerungen weckt an die Zeit mit meiner eigenen Großmutter, die so fabelhaft kochen konnte und mir einmal eine Warze weggehext hat, sie rieb sie mit einer Wurtspelle ein, die sie bei Vollmond im Garten vergrub,, so sagte sie es mir. Der Zauber wirkte, die hässliche Warze verschwand.

LG Marie

26. Okt 2020

Ach liebe noé,

Deinen heutigen Text, ich konnte mich darin wiederfinden, denn ich bin bei meiner Oma viele Jahre aufgewachsen, sie war für mich mein Lebensmensch und der Wichtigste in meinem Kinderleben überhaupt.
Auch die Meinung der anderen Familienmitglieder über sie war nicht die beste und durfte ich später sogar 'strafweise' nicht zu ihr gehen, auch da ging es mir ähnlich...
Sie hat mich mit soviel Liebe umgeben, nie auch nur einem einzig bösen Wort und ich vermisse sie jeden Tag, denke mir jedoch, vielleicht sieht sie ja von ihrer Wolke 7 da droben auf mich hernieder und freut sich ein bisschen, dass ich dichterisch in ihre Fusstapfen getreten bin ;-) wer kann schon sagen....

Herzlich liebe Grüße aus dem heute feiertäglichen (Nationalfeiertag) Österreich zu dir!
Uschi

26. Okt 2020

Na, liebe Uschi, da reiche ich dir über Länder- und Coronagrenzen hinweg die Hand: Wenn ich zeitlich überzog, bekam ich daheim pro fünf Minuten zu spät je eine schallende Ohrfeige, kalt abgezählt an der Armbanduhr, so eifersüchtig waren sie. Aber das war es mir wert, mir bei meiner Oma weiteren Lebensmut zu holen. Und schließlich hat mich ihre Liebe bis hierher getragen und meine Resilienz begründet. Ich bin gewiss, dass sie mich selbst heute noch beschützt und mindestens ein Auge auf mich hat.

26. Okt 2020

Eine angelaufene Muskatreibe und der gelbe Blümchenstoff, aus dem ich unsere mundschutze genäht habe... Es ist wundervoll, jemanden zu haben, bei dem wir Mäuschen oder Prinzessin sein dürfen. Diese Erinnerungen kann uns keiner nehmen!

LG Britta

26. Okt 2020

Ja es sind die scheinbaren "Kleinigkeiten", die uns ein Leben lang immer wieder Inseln der Stärkung bescheren ...

26. Okt 2020

Ganz toller Text. Übrigens: Hexe kommt von Hagazussa, die Zaunreiterin. Warum: Auf dem Zaun (Besen) sitzend,
sieht sie die wirkliche und die "unwirkliche Welt."
HG Olaf... gelegentlich auch "Klugscheißer" genannt.

26. Okt 2020

Da war doch was mit "Licht" und "Scheffel" ...
In beide Richtungen schauen zu können bedeutet ja auch, den Überblick zu bewahren, was im Allgemeinen weise macht. Und die "weisen Frauen" (Heilkundige wie Hebammen und Kräuterfrauen von ehedem) waren den Herr-schenden "Hosenträgern" suspekt. Warum? Weil Söldner gebraucht wurden, die gewinnbringend in aller "Herren" Länder verkauft werden konnten, und sie "beackerten fleißig das Feld", auch mit dem "Recht der ersten Nacht". Die weisen Frauen allerdings kannten Tricks, wie man Schwangerschaften unerkannt beenden konnte. Und SOWAS ging natürlich nicht!
Wie du siehst, kann auch ich "klugscheißen" (gut, dass DAS jetzt nicht getrennt geschrieben wird!!) ;o)))

31. Okt 2020

Schöne und ehrende Erinnerungen an die Oma. Habe ich sehr gerne gelesen.
LG Thomas