Wir schaffen das ...

Bild von Annelie Kelch
Bibliothek

Mond – in den Fluss gestürzt
Zu retten die Sterne ...
Im Uferschilf flüstert der Wind:
„O ville de résidence royal,
geboren aus einem Traum,
Den königliches Begehren schuf.“

So ließ es sich leben …

So ließ es sich leben:
Ein Lusthaus im Garten:
Scheen wie in Wien – und am Hafen
ein Schloss. – Fortuna, die Holde:
Um Mitternacht steigt sie nackt
In die Elbe zu putzen den Leib,
Zu waschen ihr Haar,
Zu bleichen ihr weißes Segel.

So ließ es sich leben …

Nackt ist auch die Nacht unterm
Elend, Gewand des Dreißigjährigen
Kriegs. – Königstreu abgesandt: drei,
Aus dem Fenster zu Füßen gestürzt
der Prager Burg … da stirbt nicht zuletzt
der Glaube, darum man zum Scheine kämpft,
Kann nicht mehr trösten der Mond die
Im Wasser treiben, von Lanzen durchbohrt
Geschichte schreiben.

In der newen Statt blüht derweil der Hering
Fürs Millitär, o mein Glückstädter Matjes!,
Trotzen Festungsanlagen dem Heerführer
Wallenstein, vorangetrieben mit Härte,
Schlug sich wacker wie keine zweite:
Meine Stadt – konnt nicht bezwungen werden
(Nimm dir ein Beispiel …).

Da ließ sich 's noch leben
Und sterben, wenngleich am End
Beneidet wurden die Toten.

Wir schaffen das, denn:
„Dat schall glücken und dat
Mutt glücken, un dann schall
Se ok Glückstadt heten“,
So einst Christian IV., König
Von Dänemark, Norwegen,
Herzog von Schleswig und Holstein.

Auch Könige irren ...

Damit muss man leben ...!

O ville de résidence royal: O Stadt der königlichen Residenz
Newe Stadt: neue Stadt
Glückstadt wurde 1617 von Christian IV. (König von Dänemark und Norwegen und Herzog von Schleswig und Holstein) gegründet, um dem wachsenden Hamburg einen Gegenpol zu bieten. Der Ort wurde nach Plänen des in holländischen Diensten stehenden französischen Festungsbaumeisters Pieter de Perceval in Niederländischer Festungsmanier errichtet und sollte eine uneinnehmbare Festungs- und Hafenstadt an der Unterelbe werden. Der Name Glückstadt und die Fortuna im Wappen standen sinnbildlich für diesen Plan: „Dat schall glücken und dat mutt glücken, und denn schall se ok Glückstadt heten!“ (Christian IV.). Quelle: Wikipedia.
Der Plan des Königs ging nicht auf.

Der Prager Fenstersturz löste den Dreißigjährigen Krieg aus; er wird allgemein als Glaubenskrieg bezeichnet. Es ging allerdings mehr um Machtfragen. In diesem Krieg wurde auch die zivile Bevölkerung angegriffen. Deutschland brauchte Jahrzehnte, um sich von den Folgen dieses grausam geführten Krieges zu erholen.

Interne Verweise

Kommentare

05. Dez 2018

GUT leben kann man mit dem Text -
Der Worte, Orte - Bilder hext ...

LG Axel

05. Dez 2018

Dank, Axel, Dir, für Deinen Kommentar ...
Der Prager Fenstersturz ... 'ne BARTA KRAUSE
Dran womöglich einst beteiligt war ...

LG Annelie

05. Dez 2018

Danke lieber Jürgen, für Deinen Kommentar. Nur weiß ich nicht: Ist Seehofer vom Glauben abgefallen und auch geschubst worden ... ( ;- ))), von Angie womöglich, und wo stand sein Lustschloss ...links oder rechts der Isar?

Liebe Grüße,
Annelie

05. Dez 2018

So wunderbar üppig - barock drückst Du Dich wieder aus, ich mag das, liebe Annelie, „der Glaube, darum man zum Scheine nur kämpft“, das gilt für alle religiös begründeten Kriege, jede „Strophe“ ein Gedicht für sich, das Gewand des 30jährigen Krieges war überaus hären, um einen alten Ausdruck zu verwenden, und kaum ein Mensch hat wohl damals die Zuversicht und den Mut gehabt, zu sagen, „wir schaffen das“ - außer offenbar Deiner Heimatstadt, die sich widersetzt hat; sehr kreativ auch das veränderte Foto …

liebe Grüße - Marie

05. Dez 2018

Liebe Marie, mit "Wir schaffen das", meinte Christian IV. die Stadt, die er im Auge hatte, zu bauen dort ... wo er mit seinem Pferd im Sumpf gestanden hatte, denn da war ja vorher so gut wie nichts; der König war ziemlich machtbesessen, er wollte mit dem Hamburger Hafen konkurrieren, sehr blauäugig. Zum Dreißigjährigen Krieg: Bei Wikipedia steht geschrieben: "Die Festung, deren Ausbau ab 1619 energisch vorangetrieben wurde, bewährte sich im Dreißigjährigen Krieg. Glückstadt blieb die einzige Festung in Schleswig-Holstein, die während des Krieges nicht durch Belagerung bezwungen werden konnte." Das ist eine Leistung für dieses kleine Städtchen. Geschichte ist echt spannend und hat im Laufe der Zeit großes Interesse in mir geweckt. Herzlichen Dank für Deinen Kommentar, der mir gut gefallen hat. In Hamburg hatte ich mit dem Gedanken gespielt, ein Buch, einen Roman, über Glückstadt während des Dreißigjährigen Krieges zu schreiben, und soeben hat mich dieser Wunsch wieder eingeholt. Dafür müsste ich sehr viel recherchieren. In Hamburg wäre das gegangen: Ich hatte eine Mitgliedskarte für die Unibücherei und habe dort viele Stunden verbracht.

Liebe Grüße zu Dir,
Annelie

05. Dez 2018

...der Glaube, darum man zum Scheine nur kämpft" , eine Aussage, die sich traurigerweise bis heute immer wieder belegen lässt. Mir großem Interesse habe ich Dein Gedicht über historische Aspekte Glücksstadts gelesen,
Neugierde ist geweckt.HG zu Dir, liebe Annelie. Ingeborg

05. Dez 2018

Liebe Ingeborg, falls Du Zeit und Muße hast und nicht allzu weit entfernst lebst, lohnt es sich durchaus, Glückstadt einen Besuch abzustatten. Es gibt einen wunderschönen Park dort, der Hafen ist wohl auch bereits restauriert, es gibt eine kleine Konditorei am Marktplatz (früher hieß sie "Neumann") mit leckerem Gebäck etc. Mein Vater hat dort oft ausgeholfen als Konditor. Es gibt diesen schönen Marktplatz, davon alle Straße sternenförmig sich ordnen. Auch ich war lang nicht mehr dort - zu viele Erinnerungen, besonders an meine ehemalige Freundin (die nicht mehr unter den Lebenden weilt), die hochkommen und mich traurig machen würden. - Der Matjes in Glückstadt schmeckt vortrefflich (Glückstädter Matjeswochen). Es gibt auch einen jüdischen Friedhof dort. Lieben Dank für Deinen - wie immer - sehr einfühlsamen Kommentar.

Herzliche Grüße zu Dir,
Annelie

06. Dez 2018

Liebe Annelie, dein Gedicht ist so geartet, dass mein Lob dazu mir dürftig klein erscheinen muss.
Und ach, wenn doch viel mehr die von Lanzen Durchbohrten nicht nur Geschichte schreiben, sondern machen könnten.
Dein ursprünglicher Gedanke, ein Buch dazu zu schreiben - hast du ein Ähnliches geschrieben? Ich würde es gern kaufen und lesen.
Da weißt du nun auch besser, wie dein Gedicht mich beeindruckt.
LG Uwe

06. Dez 2018

Lieber Uwe, vielen lieben Dank für Dein Lob, über das ich mich sehr gefreut habe. Weißt Du, ich würde am liebsten alle eure Bücher kaufen und lesen - aber da ich unbedingt umziehen will, kann ich das momentan leider nicht. Ich bin noch zahlendes Mitglied bei Amnesty und bei der Deutschen Haiku-Gesellschaft und will noch alle meine Bücher veröffentlichen (lassen). Wenn ich dieses Glückstadt-Buch schreiben will, muss ich wieder nach Hamburg - oder nach Berlin, zumindest in die Nähe einer umfangreichen Bibliothek. Ich habe zwar selbst Bücher en masse, jedoch braucht es für das von mir geplante Glückstadt-Buch tiefergehende Recherchen. Zum Sommer werde ich eine Anzeige in einer dieser großen Städte (Leipzig und Dresden kämen auch in Frage), aufgeben; ich brauche auch mehr Platz für meine Bücher; einen Großteil werde ich für diesen Umzug sicher verschenken; aber in wenigen Monaten werde ich dann auch wieder eine brauchbare Bibliothek selber haben. Das ist immer so bei mir, weil vorrangig. Vielleicht habe ich dann ja auch wieder einen kleinen Raum zum Malen - und supergute Nachbarn - StudentInnen und Künstler. Und ich verspreche Dir, dass Du noch die Möglichkeit haben wirst, ein, zwei, drei, vier Bücher ... von mir zu lesen. Bei mir geht das nicht so schnell, weil ich selten mit meinen Werken voll und ganz zufrieden bin. Außerdem muss ich mich auch nocn ein bisschen um meine Gesundheit kümmern, bin leider nicht sehr robust. Ohne Yoga und regelmäßige Spaziergänge könnte ich meinen Rücken wegschmeißen.

LG Annelie

06. Dez 2018

Liebe Annelie,
wenn Du ein neues Gedicht einstellst, lehne ich mich zurück, nehme mir mehr als Zeit, tauche aufmerksam ein, um ja nichts zu verpassen, denn Deine Zeilen sind nicht nur wunderschöne Poesie, sondern auch lehrreich, was mir besonders gut gefällt :)

Liebe Grüße,
Ella

07. Dez 2018

Liebe Ella, vielen, vielen Dank für diesen liebevollen Kommentar. Wir lernen ja eigentlich alle voneinander: Das ist ja das Schöne hier auf Litpro, dass Lyrik und Prosa so vielfältig und selten banal sind. Ich hoffe sehr, dass ich Dir noch viele Mußeminuten bereiten werde, in denen Du Dich entspannt zurücklehnen kannst. Über Dein Lob habe ich mich sehr gefreut, so sehr, dass ich heute den ganzen Tag gute Laune haben und fröhlich ans Werk gehen werde.

Einen schönen Freitag, Dir, liebe Ella, Auftakt zum Wochenende
und zum zweiten Advent!

Liebe Grüße,
Annelie

10. Dez 2018

Liebe Annelie,
aus Deiner Feder fließt
vortreffliche Poesie,
so ungeheuer facettenreich,
tiefgründig und niemals seicht.
Danke für die Exkursion
in die Anderswelt.

Liebe Grüße,
Monika

11. Dez 2018

O danke, liebe Monika, es ist mir eine Ehre, Dir diese Exkursion zu Füßen gelegt zu haben.

Ganz liebe Grüße zu Dir und Khalessi,
Annelie