Flüchtige Gesellen

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Bin ein fahriger Geselle.
Tauche auf wie ein Blitz.
Während du nach mir greifst,
bin ich schon davon geeilt.
Noch bevor du mich verstanden,
komme ich dir ach! abhanden.

Bin stets stumm. Hell und dunkel.
Oft auch dumm. Kurz und lang.
Ich kann schnell und langsam laufen.
Und du kannst mich auch nicht kaufen.
Manchmal hab ich viel Gewicht,
lass’ mich wiegen dennoch nicht.

Frei bin ich und sprenge Ketten,
überspringe Mauern, Grenzen,
und ich laufe mit der Zeit.
Kenne die Vergangenheit.

Liebe Wahrheit und das Lügen.
Bin das Reisen niemals leid.
Kann Realität verbiegen.
Suche stets nach Ewigkeit.
Will die Welt gut erhalten.
Kann auch Böses mit gestalten.

Anfangs bin ich kurz und bündig,
später eher hintergründig.
Doch am Ende deines Weges,
suchst du mich und wirst nicht fündig.
Weißt nichts mit mir anzufangen.
Und dann fasst dich großes Bangen.
Willst du dich nun neu besinnen
und noch mal von vorn beginnen?
Dieses ist, es sei geklagt, dir versagt.

Wir sind flüchtige Gestalten.
Wollen nehmen und auch geben.
Wir umschwirren viele Orte.
Lenken alle eure Worte.
Können euch den Frieden bringen
oder schnell in Kriege zwingen.

Und auf unsre stille Weise sind ein Teil
wir deiner Reise. Durch das Leben.

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Kommentare

Detmar Roberts
07. Apr 2017

Gekonnt formuliert. Marie, und ein wichtiger Inhalt, philosophisch, geht uns alle an. Ja, sie sind flüchtig. Und ich kann sie sehr oft nicht festhalten, obwohl ich es möchte. Unzählbare von ihnen gehen mir ständig durch den Kopf - wisch und weg. Und am Schluss kann man sie nicht mehr fassen ... Danke für diese DENKANSTÖSSE!
Grüße D.R.

07. Apr 2017

Das Nachdenken über Gedanken hat Spaß gemacht, das Thema aber hat noch viele Facetten. Mir liebe Menschen haben am Schluss ihres Lebens die Kontrolle über ihre Gedanken verloren, das hat mich nachdenklich gemacht und berührt.
Ich wünsche dir eine gute Nacht, Detmar.
LG Marie

Detmar Roberts
07. Apr 2017

Geh noch nicht schlafen, bin noch zu wach. DENKE darüber nach, ob man GEDANKEN auch ganz abschalten kann. Muss darüber nachlesen. Und jetzt FÜHLE ich doch eine gewisse Müdigkeit. Interessant, so ein Dialog, auch wenn die Vorstellung etwas befremdlich ist, dass da Jede/r mitlesen kann ...
Grüße D.R.

07. Apr 2017

Nein, ich meine, sie laufen immer, Tag und Nacht, auch im Traum. Und wenn man weiß, dass mitgelesen werden kann, dann muss man eben seine Gedanken im Zaum halten. Jetzt ist für mich wirklich Schluss für heute.
Liebe Grüße, Marie

08. Apr 2017

Von allen genannten Eigenschaften, dass sie frei sind, ist für mich die Wichtigste.
Ein weites Feld.
In wieweit lassen sich Gedanken überhaupt kontrollieren?
Kontrollverlust. Den wir wohl alle fürchten.
Was bedeutet er genau?
Viele Fragen. Die sich gut 'bedenken' lassen.
Danke für das anregende Gedicht, liebe Marie.
Ich wünsche dir ein interessantes Wochenende.

Liebe Grüße Lisi

08. Apr 2017

Liebe Lisi, für mich ist auch das Wichtigste, dass sie frei sind. Aber lenken und beeinflussen lassen sie sie schon, auch in eine schlechte Richtung, zum Beispiel durch Drogen, und wie war das unter Hitler, wie ist das in Diktaturen, oder auch in religiösen oder politischen "Sekten", da werden doch Gedanken zumindest gelenkt. Die Anschläge islamistischer Täter werden von fehlgesteuerten religiös geprägten Gedanken gesteuert. Wenn mir "ein Licht aufgeht", ändere ich meinen Gedankenfluss in eine andere Richtung ... ein überaus weites Feld, ich wollte einen Anstoß geben, weil einen das Ding mit dem Denken ja ununterbrochen beschäftigt. Dir ein entspanntes Wochenende mit vielen guten Ideen und Gedanken - für deine Texte und Gedichte, die auch verraten, wie du denkst ...
Liebe Grüße, Marie

08. Apr 2017

Da hast Du ein starkes Werk über Gedanken Kraft Deiner Gedanken geschaffen. Sehr tiefgründig und überzeugend. 'Wir sind flüchtige Gestalten' - ja! Das hab ich häufig schon als schmerzhaft oder auch ärgerlich empfunden. Und futsch waren sie. Für immer und ewig.
Danke Dir für das gelungene Gedicht mit dem wunderschönen Bild von Renoir (von Kindheit an von mir bewundert).
LG Monika

08. Apr 2017

Ich danke dir, liebe Monika. Die Gedanken laufen einfach so, ununterbrochen, und man denkt nicht über sie nach, weil sie selbstverständlich sind. Mit deinem Zuspruch erzeugst du in meinem Kopf - sehr frohe Gedanken! Erst wollte ich den Denker von Rodin dazu einstellen, aber das Renoir-Mädchen, das denkt, ist viel schöner.
Liebe Grüße, Marie