Junghirt

Bild von Willi Grigor
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Segringen, 1949-51

Als älterer Mann denkt er oft und mit Freude
an seine ländliche, einfache Kinderzeit.
Er sieht sich dann wieder auf der einsamen Weide
und weiß, es war eine schöne Zeit.

Viele Stunden allein mit den Rindern
war nichts Beschwerliches, nein.
Es war absolut kein Freudeverhindern,
er war gern mit den Viechern allein.

Es gab Zeit, sich vieles anzusehen,
die Blumen, die umliegenden Felder,
die Bauern mit Sense beim Wiesenmähen,
die angrenzenden Fichtenwälder.

Und spürte er Hunger dann saß er im Gras
und aß das ihm Mitgeschickte,
inmitten der Kühe bei ihrem Fraß,
eine Gemeinschaft, die ihn beglückte.

Der Marsch zurück in den heimischen Stall
war eine stolze Parade.
Der Junge zeigte mit Peitschenknall:
"Ich bin der Chef der Brigade."

Von der Bäu'rin bekam er seine Belohnung:
Frische Milch und viel Gutes zu essen.
Bei dem Jungen lag auf "viel" die Betonung,
er war hungrig und auf Essen versessen.

Die Zeit als Junghirt von einigen Kühen
war der Beginn seiner Liebe zum Land,
wo er den Hof "Sessler" mit gar keinen Mühen
als eine Art Heimstatt empfand.

Die Bauersleut´ "Zerrer" im Dorfe Segringen
im Kopfe des Mannes noch leben.
Er kennt ihre Stimmen, hört wie sie klingen,
er weiß, dass sie viel ihm gegeben.

In diesem Dorf in den Nachkriegsjahren,
so denkt der Mann jetzt mit Dankbarkeit,
durfte der Flüchtling etwas Großes erfahren:
Wahre Dorfbauern-Gastfreundlichkeit.

© Willi Grigor, 2014
Aus dem Leben

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