Botschaft des Sommers ...

Bild zeigt Annelie Kelch
von Annelie Kelch

Ein Sehnen, tausendfach, schwingt in den Lüften;
zerrissen längst: der Trauerflor des Winters.

Der Sommer stürzt ins Land
mit lichterlohen Farben –
wie Schmerzensschreie
verwundeter Vögel über
stille Gärten, darin die ersten
Flammen züngeln vor dem großen Brand.

Das Feuer schwelt;
im Startloch hockt auf heißen Kohlen:
Helios mit siebensterniger Glorie. –
Des Nachts schleicht ein dürstender Mond
um die Dächer der Städte, darob noch
der Frühlingsglanz leuchtender Augen hängt.

Über Wiesen und Wälder streicht mit grünen Fingern
der Wind, beseelt sakrale Bäume mit Blättern
und krönt ihre tapferen Stämme.

Die Geburt eines neuen Sommers beginnt im Schoß
der Erde: Sintflut der Blüten und Blätter, Feuer und
Wasser zugleich – ein Debüt der Rosen.
Kritik verstummt, als lebten wir in friedlichen Zeiten.

Des Sommers Botschaft fällt ins Dorf gleich Tau,
der den Morgen speist. Schon blutet der verletzliche
Mohn wie ein zufälliger Schmiss, verwaist inmitten
hoher Halme und vor der schwarzen Wand der Gewitter.

Fröhlich ziehn wir die letzten Fische an Land
und vergessen, worunter sie gelitten haben
und immer noch leiden,
obgleich wir wissen, dass,
wer schweigen kann wie ein Flosser,
mehr zu sagen hat als jeder Schwätzer.

Einst folgte ich meinem Fluss hinunter ins Riesengebirge …
und sah urinieren und speien ins heilige Wasser:
Touristen ohne Ehrfurcht vor Herodot*, der dort haust
auf dem Grund im Bauch einer Muschel und
den Fischen Geduld predigt ...

Geduld mit Gott und den Menschen –
bis endlich ein Wort, vernunftbegabt und losgelöst
von der Zeit, vom Baum des Friedens fällt
und Herz und Hirn mit Erkenntnis speist.

Die Perser erwiesen nach Herodot den Flüssen höchste Ehrfurcht und es war nicht erlaubt, in sie zu urinieren oder zu speien. Andererseits bestrafte Kyros im Zorn den Fluss Gyndes und ließ dessen Wasser in unzählige Kanäle ableiten. Wenn der Maiandros über die Ufer trat, wurde er von den Phrygiern bestraft.
Quelle: Wikipedia

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