Als ich meinen Geist zu zähmen begann,
lauschte ich seinen Worten und erschrak,
wie unfreundlich er zu mir sprach.
Demütigend trat er mir gegenüber.
Ich duldete die Tyrannei; fand sie in meinen
Worten, die ich laut aussprach, wieder.
Als ich meinen Geist zu zähmen begann,
beschaute ich das Reich, in dem er herrschte,
war erschüttert, wie eng die Grenzen gezogen
waren, innerhalb derer er erbarmungslos
regierte. Ich duldete die Unfreiheit; fand sie
als Einschränkungen, der mir nahen, wieder.
Als ich meinen Geist zu zähmen begann,
betrat ich den Raum, den er bewohnte
und war fassungsloser, wie herzlos, kalt
und dunkel dieser eingerichtet war. Ich
duldete die Lieblosigkeit; fand diese in den
Wirklichkeiten, die ich erzeugte, wieder.
Als ich meinen Geist zu zähmen begann,
betrachtete ich sein Gebaren, war entsetzt,
wie oft er feindselig, ja sogar boshaft, wirkte.
Ich duldete den Unfrieden; fand ihn als Krieg,
in meinem Umfeld, wieder.
Als ich meinen Geist zu zähmen begann,
erkannte ich mich selber nicht und war
bestürzt, erschlagen, verstört und betrübt:
Ich war nicht die geworden, die ich wirklich
bin.
Kommentare
Man muss beginnen, ihn zu zähmen -
Sonst möchte er das Leben lähmen ...
LG Axel
So ist es, er dann Gutes schafft,
Dann nimmt er nicht, dann schenkt er Kraft.
Vielen Dank, lieber Axel :)
Herzliche Grüße
Ella
Verstörende Klarheit im Blick nach Innen
Zähmen heißt hier Grenzen sprengen
offen tolerantes Neubeginnen...
LG Yvonne
Stimmt genau, liebe Yvonne.
Da triffst Du haargenau ins Schwarze.
Vielen Dank und herzliche Grüße
Ella
.. eine schonungslos klare innere Bestandsaufnahme, keine Dunkelkammer ausgelassen. Aber nur so kann das Lyr.Ich etwas Neues schaffen. Interessanter Text. HG ins WE, liebe Ella, schickt Dir Ingeborg
Ja, das stimmt, liebe Ingeborg.
Vielen Dank für die treffende Interpretation.
Ich freue mich sehr darüber. :)
Schönes Wochenende und herzliche Grüße
Ella
... hast Du ihn, Deinen Geist, nicht gezähmt - sondern eher befreit?
LG Marie
Richtig, liebe Marie.
Indem ich ihn bewusst betrachtete, durchschaute ich seine Absichten, erkannte, dass sich das Innere im Äußern widerspiegelte, dass das jedoch nicht meinem wahren Selbst entsprach.
Die Lebensumstände hatten mich zu jemandem werden lassen, der ich in Wahrheit nicht war. :)
Hab's im Gedicht etwas kompliziert ausgedrückt.
Quasi anders herum. :)
Herzliche Grüße
Ella
Als ich die Überschrift las, bin ich erschrocken, wie du wohlbehalten aus dieser negativen Nummer wieder rauskommen willst - überhaupt einen "Geist zähmen" zu wollen. (Anliegen von Despoten über Untertanen?)
Aber - man darf halt nie nur die Überschriften lesen, denn dein Text sagt ganz anderes in exzellenter Weise aus!
LG Uwe
Jaaaaaaa, ganz genau, lieber Uwe!
Eigentlich ist genau das Gegenteil von dem gemeint, was man als erstes annimmt.
Vielen Dank für den schönen Kommentar. Ich freue mich wie immer sehr, sehr, sehr darüber. :)
Herzliche Grüße
Ella
Seinen Geist zu zähmen, bedarf Energie.
Seinen Geist zu zähmen, braucht Fantasie.
Den Geist zu zähmen, keine Utopie
und endet hoffentlich in Harmonie …
Liebe Grüße an dich Ella
Soléa
Perfekte Zusammenfassung des Gedichtets, liebe Soléa.
Viele meinen den Geist zu zähmen bedeutet Unterdrückung, dabei bedeutet es Freiheit und Glück, wenn man sich seiner Mechanismen bewusst ist.
Vielen Dank, liebe Soléa.
Wünsche Dir eine schöne Woche und sende
herzliche Grüße
Ella
Sehr gern gelesen. HG Olaf
Vielen Dank, lieber Olaf. :)
Herzliche Grüße
Ella