Februar in der Stadt, noch – aber ...

Bild von Annelie Kelch
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Den Nebeldunst bekämpfen, müdgebrannt, noch Lichter,
Mir ist, als würd aus einem schalen Morgen nimmer Tag.
Zur Arbeit hasten lange Straßen lang viel Bleichgesichter.
Mein Lieb weiß nicht, wie sehr ich ihn noch mag!

Nach Atem ringt an der Chaussee verzweifelt jeder Baum:
Die Wolke Smog gedeiht, wenn keine frischen Winde treiben.
Einsame Alte hocken stillbetrübt vor ihren Fensterscheiben;
Mein Lieb sagt, er käm mit der Eisenbahn; ich glaub es kaum.

Schwer aufs Gemüt falln uns die Schatten vieler Toter …
Wir können nichts mehr fragen und auch nichts verzeihn.
Einzig die Zeit: Sie hält nie inne, trauert nie … ein Roboter.
Mein Lieb sitzt nachts am Schreibtisch und trinkt roten Wein.

Am Abend wird die Welt so still und kalt und klein ...
Früh fällt das Dunkel in benachbarte, verarmte Wälder.
Noch liegen brach am Rand die leer geräumten Felder …
Mein Lieb, wie gerne würde ich jetzt bei dir sein!

Doch eines Morgens, ungeahnt, als hätten über Nacht
Der Horen schlanke Hände sich ganz wundgetuscht,
Empfängt die Erde froh die lang ersehnte, warme Pracht
Der Frühlingsseele: Schweigend kam sie übers Land gehuscht.

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Kommentare

20. Feb 2019

Hallo Annelie,
deine Bilder sind wie ein Aufatmen nach einer schweren Nacht.
Nur die Liebe lässt uns die Dunkelheit überdauern, sie gibt uns Kraft den Frühling zu erwarten.
LG
Manfred

20. Feb 2019

Danke, lieber Manfred, für Deinen wohlwollenden, lieben Kommentar. Es gab hier in Lübeck drei, vier Tage, die nicht daran zweifeln ließen, dass der Frühling in den Startlöchern steht; aber gestern und heute war es schon wieder bedeutend kälter.

LG Annelie

20. Feb 2019

Dein fein Gedicht zum Februar
Macht(e) schon schön den Frühling klar!

LG Axel

20. Feb 2019

Dank, lieber Axel, Dir, für Deinen Kommentar.
Ich weiß genau: Vor einem Jahr
war er bedeutend kälter, unser Februar.

LG Annelie

20. Feb 2019

„Als hätten über Nacht der Horen schlanke Hände sich ganz wundgetuscht“, wunderbare ganz besondere Worte hast Du in Deinem melancholischen und doch hoffnungsvollen Februargedicht miteinander kombiniert, das Bild verstärkt die Wirkung, liebe Annelie, mein Warten auf Dein nächstes Gedicht hat sich gelohnt …
liebe Grüße zu Dir - Marie

20. Feb 2019

Das freut mich sehr, liebe Marie. Ich hatte so viel andere Dinge zu erledigen ... die Schulter ist jetzt auch wieder ganz gesund; es wird auch keinen Rückfall mehr geben wie vor zwei, drei Wochen, meine Steckdose, die mir neulich entgegenkam, als ich einen Stecker gezogen hatte, ist auch repariert. Mit dem Hörspiel bin ich leider nicht viel weiter gekommen; aber am Abend und manchmal auch in der Nacht habe ich Gedichte geschrieben, insgesamt vier in dieser Zeit, nicht allzu viel. Danke für Deine lieben, lobenden Worte.

Liebe Grüße zu Dir,
Annelie

20. Feb 2019

Das Leben, wie es sein kann, von Dir unnachahmlich und wunderbar in feine Poesie verpackt. Bangen, Sehnen, Hoffen, Lieben, eingehüllt in eine ganz besondere Atmosphäre, die einen gefangen nimmt und verzaubert, liebe Annelie.
Soooo schön!!!

Ganz liebe Grüße,
Ella

21. Feb 2019

Liebe Ella, ganz herzlichen Dank für Deinen schönen Kommentar, über den ich mich sehr gefreut habe. Gerne verzaubere ich Dich für ein paar Minuten; das tut Deinen täglichen Pflichten gewiss keinen Abbruch - aber wie wird uns erst der Frühling verzaubern, sofern er denn - hoffentlich bald - in unser tristes Winterleben tritt. Einen wunderschönen Donnerstag wünsche ich Dir - mit einigermaßen Wetter.

Ganz liebe Grüße auch zu Dir,
Annelie

20. Feb 2019

Die ersten Strophen durchzieht deutlichst spürbar jene Schwere, Tristesse und Melancholie, die das Al
te , dessen Zeit abgelaufen ist, noch nicht gehen lassen will . Doch das Neue, Frische, Verjüngende setzt sich unaufhaltsam durch, " die Frühlingsseele", ist dann da, schweigend. Unverkennbar hier wieder, liebe Annelie, Dein persönlicher Stil. HG schickt Ingeborg

21. Feb 2019

Liebe Ingeborg, heut Nacht
hab ich an Dich und Yvonne gedacht.
Eure letzten Gedichte, ich muss sie noch lesen, sehen,
das wird noch heute und sehr bald geschehen.

Vielen lieben Dank für Deine teils universelle, teils persönliche Gedichtanalyse, die ich sehr zu schätzen weiß und über die ich mich jedes Mal sehr freue. Auch Dir einen wunderschönen Donnerstag, und möge die Sonne Dich wärmen, sobald Du das Haus verlässt.

Herzliche Grüße auch zu Dir,
Annelie

21. Feb 2019

Wow, ich bin total begeistert und sogar sprachlos, liebe Annelie!
Ich bin immer wieder erstaunt, wie du deine Schreibkünste uns (den Lesern) übermittelst.
Hut ab - lang ist's her, das man von mir liest. Aber ich hoffe doch, man liest gern voneinander.

Viele liebe Grüße,
Katharina

22. Feb 2019

Vielen Dank, liebe Katharina. Über Deinen lobenden Kommentar habe ich mich sehr gefreut. Klar, lesen wir alle gern voneinander, und ich freue mich sehr auf neue Texte von Dir.

Ganz liebe Grüße zu Dir,
Annelie

22. Feb 2019

Dein Wintergedicht, o ja, es berührt mich,
obwohl seit Tagen, schon Frühling ist …

Liebe Grüße in deinen Morgen
Soléa

22. Feb 2019

Liebe Soléa, ich freue mich sehr, dass mein Wintergedicht Dich erreicht hat. Wie schön, dass bei euch bereits Frühling ist. Hier ist es momentan noch nicht so prall mit dem Frühlingswetter, aber ich hoffe, dass es auch uns in Lübeck noch vor dem 20. März (Frühlingsanfang) erfreut.

Ganz liebe Grüße zu Dir,
Annelie