In die Bettelschale des Lebens stürzen die letzten Tage des Junis.
Die gemäßigte Glut der Sonne liebkost das Antlitz des Himbeerstrauchs –
bis auch die letzten grünen Pocken darin erröten.
Kyoto, Japan: Das Blattgold des Pavillons schmilzt, und mein Herz steigt
aus der Asche anstelle des bronzenen Phönix'. Der hockt mit erstarrten
Flügeln auf der Kuppel des Daches: Glück verheißend.
Im Kanu rast das Jahr durch die Stromschnellen der Zeit.
Die Halbzeit ist fast überschritten; aber es wird weitergespielt.
Junimond, der Gong der Nacht, stürzt wie ein silberner Fisch
durch die Wolken; das Meer öffnet seine blaue Blume und
bereitet ein Grab aus den Locken der Algen.
Mein schwarzes Pferdchen spornt die Nacht an, auf den Wiesen
erlischt das Grün mit dem Licht des Leuchtturms. Ein gefallener Engel
sucht Zuflucht zu meinem Herzen; ich nehme ihn in die Schutzhaft
unvergitterter Liebe.
Am Elbestrom schlägt uns der Atem des Winds eine Schneise
durchs Röhricht zum Wasser hinunter; die Wellen rufen mir zu:
Schau heimwärts, Geliebte des Deichgrafs, sie schüren bereits
das Feuer unter deinen nackten Füßen.
Leis tönt meine Antwort über den Fluss: Lasst sie doch schüren;
der Gott der Priele steht mir zur Seite. Bevor es Tag wird,
hat sein kühles Aug längst die Wunden geheilt.
Der Goldene Pavillon ist vermutlich die meistfotografierte Sehenswürdigkeit Kyotos, wenn nicht ganz Japans. Dabei ist dieser kleine dreistöckige Tempel, vom Blattgold einmal abgesehen, nicht besonders prachtvoll. Seine Schönheit liegt vielmehr in seiner schlichten Eleganz, der geschickten Einbettung in die Landschaft und der genialen Verknüpfung dreier unterschiedlicher Architekturstile.
Quelle: Baedeker, Reiseführer Japan