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für Dich da, meine Zuckermaus!‘
Mit einem leicht sardonischen Gesichtsausdruck entließ Medea endgültig den geliebten Gefährten mittels einer lässigen Handbewegung.
‚Also Insistorius, reden Sie.‘
‚Jawohl! Also Frau Henot wird verdächtigt, Sozialbetrug im großen Maßstab zu betreiben. Auf Basis eines anonymen Hinweises haben wir den berechtigten Verdacht, dass sie sich hauptsächlich bei einem bisher unbekannten Freund aufhält und damit dort auch ihren Hauptwohnsitz hat. Das ist eine eklatante Erschleichung von Sozialleistungen, die nicht geduldet werden kann. Schlimm genug, dass sich die Dame wegen angeblicher körperlicher und geistiger Gebrechen vor einer geregelten Tätigkeit drückt. Wir mussten hier bereits Leistungen kürzen, weil die nicht in der Lage war, aufgrund angeblicher Behinderungen eine Hilfsarbeitertätigkeit als Industrieschweine- und Rinderhälftenpackerin bei einem Schlachthof in der Nähe anzutreten, dabei ist der bequem innerhalb von einer Stunde mit dem Auto erreichbar, und diese faule Sozialbetrügerin hätte nur dreimal mit öffentlichen Verkehrsmitteln umsteigen müssen! Außerdem ist so ein Job gut für die Kondition und besser als manches Bodybuildingstudio. Angeblich ist die Henot auch zu krank, um Amtsarzttermine hinsichtlich ihrer angeblichen Berufsunfähigkeit wahrzunehmen; wegen diesen läppischen 150 Kilometern. Von Ihnen, gnädige Frau, erhoffe ich mir entscheidende Informationen, um dieser Betrügerin endgültig das Handwerk legen zu können.‘
‚Ihre Haltung gefällt mir Insistorius. Die Frau ist wirklich untragbar für mein ehrenwertes Haus! Leute aus einem aus einem niederen sozialen Milieu passen einfach nicht in eine bürgerliche Umgebung, auch wenn regelmäßig Miete und Nebenkosten gezahlt werden. Dabei gibt es ja so viele notleidende Besserverdiener, die Dank der ausgezeichneten Konjunktur auch exorbitante Preise für eine räumlich restringierte Eigentumswohnung von 58 qm zahlen würden. Ich unterstütze Sie natürlich, einen derartig ungeheuerlichen Betrug aufzudecken.‘.
Agrippina lächelte kapriziös.
‚Ich empfehle Ihnen, sich mit Herrn Diddi Heinrichs in Verbindung zu setzen. Der wird Ihnen so einige interessante Geschichten erzählen können. Herr Heinrichs arbeitet für mich als Hausmeister und ist Nachbar Ihrer Kleinkriminellen. Mein Angestellter weiß zwar Anonymität durchaus zu schätzen, aber falls Sie eine schriftliche Aussage benötigen, werde ich das anweisen; sie dürfen ihm dann auch gerne bei den nötigen Formulierungen helfen.‘
Bei so viel Kooperationsbereitschaft ging unserem staatlichen Jäger förmlich das Herz auf.
‚Herzlichen Dank, gnädige Frau! Jeder sollte seine staatsbürgerliche Pflicht, die bei Ihnen noch mit sozialer Kompetenz gepaart ist, so vorbildlich erfüllen wie Sie!‘
‚Schon gut Amtmännchen. Sie können Heinrichs sofort aufzusuchen. Ich werde über sein Diensthandy anordnen, dass er für Sie bereitsteht. Diese Sache sollte jetzt schnell vom Tisch sein.‘
‚Selbstverständlich, gnädige Frau!‘
Die Stimme des würdigen Staatsmannes tropfte förmlich vor Untertänigkeit. Zufrieden bemühte die charmante Gastgeberin das interne Kommunikationssystem.
‚Paris komm sofort her und geleite unser verhindertes Regierungsrätchen hinaus.‘
‚Dein Wunsch ist mir Befehl meine Zuckerschnecke!‘
In weniger als einer Minute nachdem er die Stimme seiner Herrin vernahm, stand denn auch der Gerufene dienstbereit zur Verfügung. Derweil erhob sich mit leicht steifen Gliedern der viel geehrte Gast und lächelte die Dame des Hauses selig an.
‚Ich möchte mich nun verabschieden und ausdrücklich betonen, dass es mir eine außerordentliche Ehre war, eine so kultivierte Dame wie Sie, gnädige Frau, kennen lernen zu dürfen!‘
Indes fanden die Bemühungen des servilen Beamten keine rechte Beachtung, da Medea ihre bessere Hälfte mit Basiliskenblick ansah und sich ihr liebliches Gesicht allmählich rot verfärbte.
‚Wie kannst Du es wagen, so vor mir zu erscheinen? Komm her!‘
Die wutbebende Stimme der liebenden Ehefrau ließ Paris furchtsam zusammenfahren. Obendrein bemerkte dieser, dass der unterste Knopf seine Jacketts offenstand. Verzweifelt warf er einen Blick auf den völlig konsternierten Sozialermittler.
‚Besser Sie gehen jetzt, manchmal trifft es auch Unbeteiligte.‘
‚Kommst Du jetzt her. Ich zähle bis drei: Eins..‘
Der Herr des Hauses fügte sich in sein Schicksal und erhielt darauf prompt eine schallende Ohrfeige; aber das war nur die Ouvertüre. Das couragierte Oberamtmännchen beeilte nun sich den Raum zu verlassen, während Medea ihren geliebten Partner mit Faustschlägen und Fußtritten weiter züchtigte.
Später am Tage wurde unsere Zierde der bundesdeutschen Beamtenschaft bereits am Eingang des maroden Hochhauses von Diddi Heinrichs abgefangen.
‚Sind Sie Herr Obermann Intorios?‘
Abschätzig betrachtete der Angesprochene die ungepflegte Gestalt in einem leicht verschmutzten Trainingsanzug der Marke ‚Aldidas‘.
‚Bin ich in der Tat Oberamtmann Insistorius, wer will das wissen?‘
Ob der schnarrenden Stimme des Staatsdieners verschüchtert, strich der korpulente Meister des Hauses nervös über seinen kahlen Schädel.
‚Diddi Heinrichs mein Name, Herr Oberst! Bin Hausmeister! Chefin hat mich aufgetragen, Ihnen helfen zu tun gegen Henot.‘
‚Ja gut Herr Heinrichs. Wir sollten das aber nicht auf der Straße erledigen. Wir reden besser in Ihrer Wohnung. Sie gehen voran, wenn ich bitten dürfte!‘
Gemeinsam betraten beide den wohlriechenden Hausflur, der nach einer seltenen aber intensiven Note des Geruchstoffes ‚eau de pisse‘ duftete. In dieser Hinsicht ließ sich natürlich auch trefflich disputieren, ob nun Diddis exkrementartiger Eigengeruch nicht doch den Urinhauch übertraf.
‚Das ist ja widerlich, dauert das noch lange?‘
‚Herr Obstler müssen entschuldigen tun, sind schon da. Ist nämlich Erdgeschoss. Gestank ist übel, aber Chefin lässt putzen von eigene Firma zwei Stunden einmal in Monat; kostete ordentlich für Mieter! Bitte eintreten.‘
Unser rühriger Sozialermittler hätte sich nicht vorzustellen vermocht, dass das vorherige Sinneserlebnis noch übertroffen werden konnte, aber der ihm entgegenwehende Pesthauch überzeugte ihn leicht vom Gegenteil. Ansonsten vermittelte des Blockwarts trautes Heim einen höchst eindrucksvollen Anblick, der Casting Teams privater Sender auf der Suche nach tragischen Fällen fortschreitender Vermüllung vermutlich in helle Begeisterung versetzt hätte.
‚Äh, Herr Heinrichs, wir setzen das Gespräch doch lieber auf der Straße fort.‘
Von einem akuten Würgereiz geplagt und fluchtartig begab unser dynamischer Beamter – Freunde ihr seht, ich liebe Widersprüche- entschlossen in Richtung Ausgang.
‚Wie meinen. Ist ja in frischer Luft.‘
Gemächlich folgte unser Meister Proper dem Flüchtling, um mit ihm draußen vor der Tür an einem lauschigen Plätzchen neben den überquellenden Müllcontainern das begonnene Schwätzchen fortzusetzen.
‚Also gut, Herr Heinrichs. Machen wir es kurz. Ich erkläre es in einfachen Worten. Wir haben den Verdacht, dass die Henot in Wahrheit bei Ihrem Freund wohnt. Können Sie mir bestätigen, dass die sich über längere Zeiträume nicht in Ihrer Wohnung aufhält?‘
‚Die hat Freund? Deshalb tut die nicht beachten meine Nettigkeiten! Doch stimmt, hat Freund, hat Chefin gesagt. Ich habe nicht Freundin, trotz gut aussehen, wegen vielen Flüchtlinge. Aber die oft weg, sehe ich auch nicht mit Videoüberwachung in Wohnung von ihr.‘
‚Du meine Güte! Politisch gesehen sind Sie schon in Ordnung mein Freund, aber beschränken
Möge auch dieses Machwerk unterhaltsam sein!