Immer brauchte ich Spiegel im Leben. Schaufensterscheiben, Zugfenster kamen mir
gerade recht. Gesichter zeigten mich nicht. Eitelkeit wurde mir unterstellt, doch es war
anders. Ich traute meinem Dasein nicht. Der Drang hineinzuschauen wurde zur Obsession.
Mein Überleben hing von Spiegeln ab. An keinem Spiegel kam ich ungesehen vorüber.
Ich hängte sie in jeden Raum außer ins Schlafzimmer, im Traum wollte ich mir selbst
entkommen. Einmal blickte ich im Traum in einen Spiegel, ich sah meinen Hinterkopf
und erschrak. Tief verunsichert trat ich jedes Mal vor den Spiegel, ängstlich erwartete
ich seine Antwort: eine Entstellung, Verzerrung, eine Fratze meiner selbst zu sehen oder
eine leere Stelle. Jedes Mal gab der Spiegel Mich zurück, doch wie kann ich mir jemals
sicher sein?
Spiegel

von Monika Jarju
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Interne Verweise
- Autorin/Autor: Monika Jarju
- Prosa von Monika Jarju
- Prosakategorie und Thema: Kurzgeschichten & Kurzprosa
Kommentare
Da Krause auch nie Spiegel putzt,
Hätt Dir der Blick nicht viel genutzt ...
LG Axel
Krause ist und bleibt ein Ignorant
wie ich kaum einen gekannt!
LG Monika
Interessante Gedanken, die Du äußerst, liebe Monika. Wir spiegeln uns automatisch und ununterbrochen - in Schaufensterscheiben, im Auge des Menschen, der uns anschaut, in Fenstern und sogar in Pfützen, im Wasser. Bin ich das wirklich? Die Frage stelle ich mir auch oft, wenn ich vor einem Spiegel stehe.
Liebe Grüße - Marie
Was Du schreibst, habe ich oft beobachtet, liebe Marie, und oft diesen verunsicherten Blick bemerkt. Wir können uns ja nicht wirklich von außen sehen. Unheimlich der Gedanke, wir schauten in den Spiegel - und da wäre nichts...
Herzlichen Dank für Deinen Gedanken,
liebe Grüße,
Monika
Das kenne ich gut - wir können uns niemals sicher sein!
LG Alf
Ja, das strahlen auch Deine Texte aus,
danke und lieben Gruß,
Monika
Spiegel waren mir immer verhasst, zeigten sie doch einen Menschen, den ich nicht kenne wollte. Auch heute noch gehe ich an Spiegeln vorbei, ohne hineinzuschauen. Ich fühle mich nicht so, wie ich mir gezeigt werde. Das ist schwer zu ertragen.
Eine schöne Vorlage, um mal wieder zu grübeln. Vielen Dank!
LG Britta
Darüber lohnt es sich nachzudenken, liebe Britta!
Was macht dieses Glas mit unserem Ebenbild?
Auch Menschen spiegeln uns wieder durch ihre Äußerungen...
Unverspiegelte herzliche Grüße und dankeschön!
Monika