Identität - Page 3

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von Lara Preis

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wirklich geschehen würde. Auch das Hungergefühl verschwand, einhergehend mit dem Wiedererstarken ihrer Kräfte.
„Wow … Na ja, nach dem Studium kann ich mir bestimmt auch einmal so etwas Schönes gönnen …“
Zuerst war es nur ein flüchtiger Gedanke, dann wurde der Wunsch immer intensiver und schließlich folgte feste Entschlossenheit. Genüsslich drehte sich der sportlich anmutende Körper um und betrat kurz darauf selbstbewusst ein Juweliergeschäft.
„Passt doch hervorragend zu meinen grünen Augen.“
Wie konnte bloß eine goldene mit Smaragden besetzte Halskette vor dem Spiegel in Halshöhe einer durchschnittlich großen Frau leicht schwingend schweben? Der passende Ring gesellte sich ebenfalls dazu und schien Figuren in die Luft zu zeichnen. Da keine Kunden anwesend waren, verschwand die Verkäuferin schnell auf der Toilette, um sich dort wieder zu sammeln.
Carlotta betrachtete sich derweil ausgiebig im Spiegel. Gefühle des Glücks, nein, der Erhabenheit nahmen von ihr Besitz. Eigentlich hatte sie die Macht, den Schmuck unbezahlt mit nach Hause zu nehmen, denn eine unsichtbare Kundin konnte man wohl nicht so einfach davon abhalten.
„Gott sei Dank!“
Das Geschmeide befand sich wieder dort, wo es hingehörte, was die elegant gekleidete Dame nach ihrer Rückkehr von dem WC sichtlich erleichtert zur Kenntnis nahm.

14:00 Uhr. Gewöhnlich kam ihre Mutter jetzt von der Arbeit. Moment, war es wirklich schon so spät? OK, Carlotta lag auf ihrem Bett, wohl gerade erst aufgewacht, aber warum zeigte der Wecker bloß diese untypische Zeit an? So lange hatte sie doch noch nie geschlafen oder steckte wieder Constanze dahinter?
Prompt öffnete sich die Haustür, was ein eiliges Hinunterstürzen ins Erdgeschoss auslöste.
„Ich bin so froh, dass du da bist!“
Herzhaft umarmte sie die etwas kleinere Frau. Allerdings folgte darauf kein Erwidern, im Gegenteil, ihre Mutter versuchte sich regelrecht aus der Umklammerung zu befreien.
„Hilfe!!!“
Schnell ließ Carlotta von ihr ab, mit der immer stärker werdenden Gewissheit, die vergangenen Stunden wohl doch nicht als Traum erlebt zu haben. Sichtlich erleichtert, schüttelte das völlig ratlos wirkende Elternteil derweil den Kopf und ließ sich von einer frisch eingetroffenen Nachricht auf dem Smartphone ablenken.
„Übernachte heute bei Susi. LG!“
„Viel Spaß ihr beiden. Lol!“
Wer zum Teufel hatte gerade Mama eine Kurznachricht von ihrem Account zukommen lassen?
„Kannst du mich bitte sofort ins Krankenhaus fahren?!“
Keine Reaktion.
„Mama!? Mama!!!“
Carlottas Verzweiflung folgten Tränen, die wiederum Wut auf den Plan riefen. Schon immer war ihr diese kitschige Vase hier unten im Hauseingang ein Dorn im Auge gewesen, was jetzt unmittelbar zu deren Zerstörung führen sollte. Völlig ratlos, wie sich denn ein solches Gefäß selbständig erheben konnte, um kurz darauf auf dem harten Fliesenboden zu zerschmettern, sammelte ihre Mutter im Anschluss die Scherben zusammen.
Das Schließen der Haustür, reine Zeitverschwendung. Wie in Trance wurde Carlotta von ihrem Körper über mehrere Straßen zum nächst besten Schaufenster getragen, fand in unmittelbarer Nähe einen lockeren Pflasterstein und warf damit die Scheibe mit voller Wucht ein. Passanten blieben stehen, panische Verkäuferinnen stürmten heraus, aber niemand widmete der eigentlichen Verursacherin auch nur eine Sekunde Beachtung.
Autoaggression folgte auf die eskalierte Wut. Leichtes irgendwo Gegenlaufen, gezieltes mit den Fäusten auf Gegenstände einschlagen … Es schmerzte, es blutete … Es war aber auch der Beweis, nach wie vor existent zu sein, allerding in anderer Form …
Völlig hysterisch irrte Carlotta weiter, vorbei an einladenden Geschäften, bummelnden Menschen … Bis Straßenbahnschienen ihren Weg kreuzten. Sie setzte sich genau zwischen die beiden Metallführungen und sackte vor lauter Erschöpfung in sich zusammen.

„Bist du jetzt völlig wahnsinnig geworden!?!“
Gerade als die Bahn noch einmal kurz vor der nächsten Haltestelle Fahrt aufnahm, verhinderte Freddy das drohende Unglück, indem er Carlotta zur Seite zerrte. Zitternd begleitete sie ihn einige Minuten später in seine Zweizimmerwohnung.
„Leg dich erst einmal hin.“
Das alte Sofa war dafür überraschend gut geeignet und langsam konnte sie sich wieder beruhigen.
„Darf ich dir etwas zum Essen anbieten?“
Ungefragt kam der Gastgeber mit einem Glas Wasser zurück. Sie verneinte, trank aber das Gefäß in ähnlicher Geschwindigkeit wie am vergangenen Morgen leer.
„Du bist auch immer im richtigen Moment zur Stelle oder stalkt mich da etwa jemand?“
„In der Tat kommen dafür wohl zurzeit nur recht wenige Personen infrage.“
Carlotta saß mittlerweile und forderte ihn ebenfalls zum Setzen auf.
„Hey, du gehst an bestimmten Tagen regelmäßig zur selben Zeit an meinem Fenster vorbei. Heute kamst du nicht nur etwas später als sonst, sondern darüber hinaus schien niemand von dir Notiz zu nehmen …“
Angewidert wendete sie sich von ihm ab.
„Du spionierst mir also doch nach?!“
„Hey, wir teilen ein gemeinsames Schicksal. Also, lass uns jetzt bitte nicht streiten.“
„Spinner …“
„Da der Unterricht an meiner Schule fünfzehn Minuten später beginnt und wir offensichtlich an den gleichen Tagen zur ersten Stunde haben … Ja, ich finde dich interessant … Deine neue Frisur steht dir übrigens echt gut …“
„Jetzt lenk bloß nicht ab!“
Mit gesenktem Kopf begann Freddy die Ereignisse der vergangenen drei Tage zu schildern. Auch er hatte scheinbar sein Smartphone verlegt, wachte morgens auf und war seitdem für alle anderen Menschen unsichtbar, was allerdings erst in der Schule auffiel, da er ja bereits nicht mehr zu Hause lebte. Bis vor wenigen Monaten wurden die beiden Zimmer samt Bad und integrierter Kochnische nämlich noch an Studenten vermietet. Pünktlich zu seiner Volljährigkeit meldeten Freddys Eltern dann überraschend Eigenbedarf an und ließen ihren Sohn dort kostenlos wohnen.
„Vermissen dich denn deine Eltern gar nicht?“
„Ich bin zwar Einzelkind, aber mehr als zweimal pro Woche schaue ich bei ihnen trotzdem nicht vorbei. Dummerweise hat jemand alle meine Accounts in den sozialen Netzwerken gehackt und kommuniziert fleißig mit Familie, Freunden und sonstigen Personen.“
„Sodass deine körperliche Abwesenheit nicht wirklich auffällt ...“
„Ich bin in der Schule ordnungsgemäß über einen Mitschüler krankgemeldet worden. Bis die endlich reagieren, müsste ich schon längere Zeit ohne ärztliches Attest fehlen.“
Carlotta schluckte mehrmals hintereinander. Bei ihr war es ja lediglich ein halber Tag, falls die nächtliche Begegnung in Constanzes Zimmer nicht bereits schon dazugehört hatte. Was in der Zukunft mit ihr geschehen würde, mochte sie sich lieber nicht vor Augen halten.
„Immerhin sind wir jetzt zu zweit.“
Noch nie hatte das Wort „Schicksalsgemeinschaft“ eine solch krasse Bedeutung in dem bisherigen Leben der beiden Jugendlichen gehabt. Freddy sollte sich aber besser nicht zu viel darauf einbilden, denn ihr Herz schlug bereits für jemand anderen. Die endgültige Gewissheit brachte der gestrige Abend auf dem Dachboden, aber jetzt

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