Kleiner Mann im dunkelblauen Mantel:
dieses Gedicht ist für dich, nur für dich.
Vor mir, in der U-Bahn, kämpfte deine
kleine, magere Gestalt um Halt,
um Licht, um Liebe, um Leben.
Ich blickte auf deinen zerbrechlichen Vogelkopf,
auf dein hellbraunes Haar mit den Schuppen,
den dünnen Hals, um den sich ein ehemals
weißer Hemdkragen schloss.
Dein Seele blickte mich an aus einem
verschlossenen kranken Gesicht und
schien zu flüstern: Ich bin ein Niemand,
ein Nichts ...
Ich glaubte, du hattest einen Tick:
Dein Kopf bewegte sich ständig von rechts
oben diagonal nach links unten.
Immer wieder von vorn, immer wieder und
wieder. Mein erstauntes Lächeln blieb innen
im Körper und verletzte dich nicht.
Du gönntest mir noch einen verstohlenen Blick,
bevor du ausstiegst, wohl deshalb, weil ich dich
so aufmerksam betrachtet habe - als seist du nicht von
dieser Welt, ein überirdisches Wesen, ein Fossil ...
Während der Arbeit musste ich jäh an dich denken:
Mein Blick, so wurde mir bewusst,
ging korrigierend von rechts oben, wo der Monitor stand,
nach links unten zum Manuskript. Immer wieder
von vorn, immer wieder und wieder - bis der Text
druckreif war.
Darüber musste ich lächeln und diesmal war es auch
äußerlich ein unverkennbares Lächeln, für meine
Kollegin sichtbar, die sich wunderte, aber nie
den Grund dafür erfuhr.