Müll der Gedichte - November Slam

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von Marie Mehrfeld

Das zweite Gesicht? Ich habe es nicht. Die Zukunft zu ahnen, das lenkt mich in Bahnen der Traurigkeit. Zu kostbar die Zeit, die hier mir noch bleibt. Was zählt ist heute, sind liebe Leute, was mich hält, das bist du, ist das Schweben in Ruh. Lasst uns die Stimmen zum Schwingen bringen und tanzen und singen, statt laut zu klagen an dunklen Tagen.

Das jüngste Gericht? Daran zweifele ich. All’ die morschen Knochen aus Gräbern gekrochen? Ist ein schlechter Traum voll düsterem Grau’n. Ist Mittelalter, kein Hoffnungsgestalter. Wir werden zu Staub wie das herbstliche Laub, uns verweht dann der Wind, dieses himmlische Kind. Wir wechseln die Form, das ist doch enorm. Doch ein Teil von uns bleibt - für ewige Zeit.

Das erste Licht? Wir mochten es nicht. S’war zu hell, war zu grell. Doch gewöhnten sich unsere Augen schnell. Denn Licht ist Wärme, die stark uns hält, ist Liebe, das Leben, sind die Farben der Welt. Es beleuchtet die Wege, verjüngt unsre Seelen, ganz ohne Licht uns Ängste quälen. In Düsternis denken wir an den Tod, wir werden dann krank, geraten in Not.

Die letzte Schicht? Daran denk’ ich noch nicht. Obwohl ich ahne, die Zeit ist knapp, bin ich noch weit entfernt vom Grab. Zwar weiß man es nie… doch ich bin die Marie! Und werd’ dir nun gleich ein Lied vorgeigen und danach mit dir auf den Hügel dort steigen, um lachend ins sattgrüne Tal zu schauen. Ja. Das werd’ ich mich trauen.

Ein neues Gedicht? Ja, weißt du das nicht? Ist immer im Kopf! Ich ergreif es am Schopf. Da sammeln sich Worte am seltsamen Orte, sie bilden Reihen und woll’n sich befreien, beginnen zu flüstern, sind brav oder lüstern. Ich will mich besinnen und lasse sie rinnen. Und gleich sind sie hier, auf diesem Papier. Dann frag ich mit Mut – ist das schlecht oder gut?

Stell ich das ein, oder lasse ich’s sein? Selbst kann ich’s nicht sagen. Muss dich um Rat fragen. Du lobst mich gleich sehr, fragst, wo hast du das her? Doch ich weiß, Liebe blendet. Ist noch nicht vollendet! Werd’s dennoch probieren. Kann gar nichts passieren. Wenn’s niemand mag, kommt’s am nächsten Tag in den Müll der Gedichte. Was ich fröhlich berichte.

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