als die Sonne hinter dem Wald versunken war, näherte sich der Abend
zärtlich wispernd, einfach so, ich lauschte dem Kind auf dem Schoß, wie
es mir wortlos mit den zappelnden Fingern und leuchtenden Augen vom
Leben erzählte, und sang ihm sanft von den Blümelein, wie sie schlafen,
auch vom abgebrannten Pommerland, dann tröpfelte der Wasserhahn
wieder, das Kind schlief ein in meinem Arm, ich schloss müde die Augen,
und Waggon um Waggon ratterten mir vorgestrige Züge über die Stirne,
fensterlos und mit versiegelten Türen, ich hörte Eingeschlossene rufen,
ich sah die Feuer lodern über der Stadt und fühlte einsame Angst, meine
Gedanken aber trieben rote Blüten, ließen ihre hoffenden grünen Blätter
sich ranken um den Bahndamm mit seinen rostigen Gleisen, sie tranken
die Tränen meiner Trümmergefühle, bis sie endlich aufhörten zu fließen,
und als die erstarrten Zweige des Wacholderstrauchs vor meinem Fenster
sich von ihrem Schrecken erholt hatten, wurden meine schweren Schritte
leicht, schneeweiße Apfelbaumblüten fielen aus schwarzen Wolkenwänden
und ließen alle meine Toten lächeln, einfach so, ich legte summend meine
Finger auf die Lippen des Kindes im Schlaf, guten Abend, gute Nacht, sei
von Englein bewacht, schlaf nun selig und süß, schau im Traum s’Paradies
Der letzte Vers bezieht sich auf das Wiegenlied „Guten Abend, gut’ Nacht“, es ist ein seit Beginn des 19. Jahrhunderts bekanntes Gedicht deutschsprachiger Volkspoesie und wurde durch die Vertonung von Johannes Brahms zu einem der bekanntesten Schlaflieder überhaupt.
Kommentare
Die Näglein (die ja "Nelklein" sind)
Streut Dir Dein Leser hier geschwind!
LG Axel
Ja, Näglein klingen spitz und scharf,
das Kind hat daran kein’ Bedarf,
es schlummert lieber selig – süß -
und schwebt im Traum ins Paradies …
LG und Dank - Marie
Wie schön hier auflebt dieses Lied,
wenngleich auch Schreckliches geschieht ...
hinter geschlossenen Augen: Weh und Ach ...
Das war viel mehr als nur ein Ungemach.
Danke für diese hervorragenden Zeilen,
Liebe Grüße zu Dir,
Annelie
Lässt man den Worten ihren Lauf – dann tauchen oft auch Schrecken auf …
danke und liebe Grüße zurück zu Dir, Annelie,
Marie
Wunderbar.
Habe es mit Freude gelesen.
LG
Willi
Das freut mich, Willi,
liebe Grüße zu Dir - Marie
Guten Abend, gute Nacht,
vor bösen Träumen sein bewacht...
Dein Text macht traurig, die Bilder vom Krieg, die wir als folgende Generation immer noch in uns haben. Doch ist es ein schöner Text und habe ihn mit Faszination gelesen.
Herzliche Grüße, Susanna
Das schöne alte Wiegenlied und vor allem die Vertonung, der Brahms – regen immer wieder zum Schreiben an, danke für Deine Worte, liebe Susanna, sei herzlich zurück gegrüßt –
Marie
Hallo Marie,
mit Kinderliedern wie "Maikäger flieg" und "Guten Abend gut Nacht", hast Du den Wunsch unsere Kinder vom Unbill der Welt zu schützen gut eingefangen. Um allen Kinder diesen Schutz zu geben, brauchen wir leider viel mehr als Lieder.
LG
Manfred
Guten Abend, Manfred, „Maikäfer, flieg“ ist kein idyllisches Kinderlied, stammt aus Kriegszeiten, in denen die unschuldigen Kinder am meisten leiden, auch heute noch, und ja, man braucht VIEL mehr als nur Lieder, um sie besser zu schützen …
Danke und LG Marie
Oh Marie, es begann so liebsüß, wurde überraschend unglaublich schmerzhaft und endete - ich bin mir nicht sicher, ob bitter oder sich drein schickend in schlimmstes "Schicksal". Wobei ich nicht mal wüsste, was mir besser gefiele.
Aber du hast es vortrefflich beeindruckend erschaffen, das Gedicht.
LG Uwe
Verdrängte? selbst erlebte? geträumte? beängstigende Vergangenheitsfetzen schlichen sich in die Idylle und wurden mit guten Gedanken schnell wieder vertrieben – es war nicht geplant, hat sich selbst geschrieben, danke, Uwe, und liebe Grüße zu Dir –
Marie
Liebe Marie, ich las Strophe für Strophe, sah alles Strophe für Strophe und fühlte mit … Strophe für Strophe.
Gefällt mir sehr!
Liebe Grüße
Soléa
Dafür danke ich Dir, liebe Soléa -
und wünsche Dir einen sehr guten Tag ...
herzliche Grüße - Marie
Und das ist genau das Besondere, eingeschriebene Erinnerung, Herz, verwoben zu einer ganz eigenen Seelen-Traum-Landschaft.
LG Yvonne
Danke für Deine Worte, liebe Yvonne!
Marie